Interview
mit Hans Koch - Martin Schütz - Fredy Studer KEINE
ANGST VOR ABSTÜRZEN
Von MARCUS MAIDA
MARCUS MAIDA: Kurz zur eurer Vergangenheit: Was hat Euch damals zu dem Konzept von «Hardcore Chambermusic» gebracht, was war zu der Zeit Impuls und Focus für euch, und wie hat sich dieser Kern, wenn man überhaupt von einem sprechen kann, bis heute erhalten oder transformiert? KOCH-SCHÜTZ-STUDER: Zuerst wollten wir das Trio durch einen vierten Musiker erweitern. Diese Idee fanden wir nicht unbedingt die beste, da die Elektronik schon damals ein Gesprächsthema war, also entschieden wir uns für diese Variante. Und an Stelle eines vierten Musikers spielten wir zu Computersequenzen mit eigenen Sounds und Samples. Beeinflusst waren wir damals zum Beispiel von den Arbeitsweisen im HipHop oder von Leuten wie John Zorn und Red Twist and Tuned Arrow. Dieses Collage-artige Vorgehen half uns aus den alten festgefahrenen Paradigmen auszubrechen. So öffneten wir uns auch gegenüber völlig verschiedenen musikalischen Stilrichtungen, fingen ganz bewusst an, mit Samples und Sequenzen zu arbeiten, und so entstand eigentlich «Hardcore Chambermusic». Unter uns fand ein intensiver Austausch von Platten und CDs statt. Gruppen, die nicht jeder von uns kannte, wurden zum Teil zusammen angehört. Dies ging von Rock, Latin, Reggae, Jazz über Pop, Hardcore, Elektronik, Funk, Neue E-Musik etc. Die jetzige Spielweise hat eher mit Klangflächen und Klangfarbenmelodie anstatt normaler Melodik etc. zu tun. Innerhalb dieser Klangcollagen entstehen dann Grooves, und es passieren schnelle Wechsel, zb. zwischen ambientmässigen und noiseartigen Teppichen. MARCUS MAIDA: Wie arbeitet ihr grundsätzlich? Ich habe den Eindruck, ihr sucht so etwas wie eine paradigmatische Erweiterung eures internen Gruppen-Kontexts. Oder ihr müsst ihn selbst immer wieder für euch aufbrechen oder aufsprengen, da er sonst Gefahr läuft, etwa zu eng oder zu hermetisch zu werden? KOCH-SCHÜTZ-STUDER: Es ist im Moment so, dass wir keine Stücke mehr spielen. Der Rahmen der auf «Hardcore Chambermusic» gespielten Kompositionen wurde uns durch häufiges Spielen mit der Zeit zu eng. Wir fühlten uns in den Sequenzen nicht mehr frei genug, um unseren Improvisationen freien Lauf zu lassen. Da Martin und ich auch noch mit Live-Elektronik auf der Bühne spielen, haben wir beschlossen, eine zeitlang frei zu spielen. Dies schliesst in Zukunft aber nicht aus, dass wir keine Kompositionen oder Sequenzen mehr spielen werden. MARCUS MAIDA: Im Vergleich zB. zu Lucas Nigglis' Gruppe «Zoom»: hier erörterten Lucas und ich den folgenden Gedanken: «Zoom» erweitert den Kontext auch ständig, bleibt aber (noch, demnächst ja als Quintett) grundsätzlich in der Trioformation und ergo im eigenen Material, um hier alles mögliche auszuloten. Dagegen erweitert ihr euch scheinbar immer nach aussen hin und sucht offensichtlich den Austausch mit anderen Musikern. Könnt ihr diese (hypothetische) Unterscheidung bitte kommentieren - stimmt das so? KOCH-SCHÜTZ-STUDER: Der Vergleich mit Lucas Niggli «Zoom» ist vielleicht nicht ganz richtig, oder wenn, dann eher im Bezug auf unser Trio bis vor ein paar Jahren. Wenn ich die Gruppe «Zoom» live höre, so stelle ich mal fest, dass dies alles hervorragende Musiker sind, die über eine enorm grosse Virtuosität verfügen. Wenn ich Bands höre, die auf diese Art arbeiten, taucht oft die Frage auf: warum diese Akrobatik auf den Instrumenten. Es taucht dann eine zweite Frage auf: Was sagt diese Musik aus? Da kommt zum Beispiel nach einer gelungenen Improvisation ein ziemlich komplizierter komponierter Teil; und den finde ich meistens musikalisch schlechter als den improvisierten Teil. Die Improvisation wird unterbrochen, was den Fluss der Musik bremst. Im Moment sind wir mit dem Trio in einer Phase, wo uns die Virtuosität weniger interessiert. Es geht uns mehr darum, musikalisch spannende Bilder zu schaffen. Instant Composing. MARCUS MAIDA: Offensichtlich wollt ihr eine «Style-Free-Music» ohne Schubladen erreichen. Hinsichtlich des bewussten Einsatzes von disparaten Einflüssen und Stilistiken: Wie geht ihr dann darin mit Widersprüchen um? Und wie bekommt man es letztlich hin, ein postmodernes Patchwork der Beliebigkeit zu vermeiden? KOCH-SCHÜTZ-STUDER: Jeder von uns dreien hat sich in den letzten Jahren seine eigene musikalische Sprache angeeignet. Einflüsse muss und kann man nicht vermeiden, dies liegt in der menschlichen Natur. Und dies ist auch der Grund, warum die Musik von Koch-Schütz-Studer nicht schubladisierbar ist. Der Gedanke, sich gegen etwas zu wehren, besteht nicht. Wir machen ehrliche Musik, die nicht in allen Leuten beim ersten Anhören ein Aha-Erlebnis auslöst. Ich glaube, die Individualität im Umgang mit den assimilierten Einflüssen verhindert postmoderne Beliebigkeit. MARCUS MAIDA: Die mitwirkenden Musiker, ob die Cubaner bei «Fidel», die Ägypter bei «Heavy Cairo Traffic», ob der Autor Christian Uetz oder eben die New Yorker DJs M.Singe (Beth Coleman) und I-Sound (Craig Willingham) bei «Roots & Wires», sind ja keine Exoten bei euch, die den Klang-Zuckerguss liefern, sondern gleichberechtigte Mitproduzenten. Insofern bestimmen und verändern sie auch das Konzept und das Gesicht des jeweiligen Projektes. Könnt ihr diese Intention bitte hinsichtlich der disparaten Projekte grundsätzlich auf den Punkt bringen? KOCH-SCHÜTZ-STUDER: Die grundsätzliche Haltung, mit der wir an solche Projekte herangehen ist so, dass wir nicht die Absicht haben, die Leute für unsere Anliegen zu instrumentalisieren. Es sind Zusammentreffen von unterschiedlichen Menschen mit ganz verschiedenen Biografien und kulturellen Backgrounds. Wir versuchen ein Klima zu schaffen, wo man als Ensemble eine Musik gemeinsam kreieren kann. Im Spielen - ob frei oder im Rahmen von Konzepten oder Stücken - zeigen sich Gemeinsamkeiten und Gegensätze, aber auch Missverständnisse oder Momente von totalem Einverständnis. Für uns ist das Moment dieses Prozesses ebenso wichtig wie das musikalische Ergebnis. Auch versuchen wir, musikalische «Culture Clashes» nicht zu beschönigen, die sind vielmehr Teil des Hörbaren. Zum Beispiel gab es mit den ägyptischen Musikern diesen Moment, wo ihnen in einem Gespräch klar wurde, dass wir versuchen eine neue, noch nicht da gewesene Musik zu schaffen. Für sie als traditionelle Musiker etwas völlig undenkbares, da für sie ihre Tradition vollkommen ihre musikalischen Bedürfnisse befriedigt, was man von uns beileibe nicht sagen kann.... MARCUS MAIDA: Wie kamt ihr zu der Zusammenarbeit mit dem Autor, «Nichter» und studiertem Altphilologen Christian Uetz? Was genau interessierte euch an ihm und (s)einem Umgang mit Sprache? KOCH-SCHÜTZ-STUDER: Wort ist einerseits Sound, andererseits aber vermittelt Wort ja vor allem auch konkreten Inhalt, konkrete Botschaft, was Musik ja so nicht kann, deshalb ist die Verbindung von beiden ja hochinteressant. Uetz ist ein Wortkünstler, der schon in seinem Umgang mit Sprache eine ganz eigene Form und Musikalität hat. Seine Lust am Brechen von Konvention, gepaart mit einer Dringlichkeit, ist mit unserer Arbeit sehr verwandt. Ein grosser Unterschied zwischen seiner und unserer Arbeit ist, dass Uetz nicht Improvisator ist. Er hat alle seine geschriebenen Texte im Kopf und trägt sie genauso vor, wie sie geschrieben sind. Andererseits wirkt sein Schreiben oft auf den ersten Blick wie ein improvisatorischer Umgang mit Sprache, und umgekehrt scheint bei uns vieles, was frei improvisiert ist, komponiert zu sein. Uns interessiert am Zusammengehen von Wort und Musik das Spannungsverhältnis und die daraus resultierenden Fragen: wie ist es möglich, dass die Musik quasi einen Subtext zum gesprochenen Wort liefert, der gleichzeitig musikalisch eigenständig funktioniert und zugleich den Zuhörer nicht ständig vom gesprochenen Text ablenkt? Wie entgeht man der Gefahr des musikalischen Illustrierens oder Doppeln des Textes. Was passiert mit einem Text, wenn er musikalisch konterkariert wird und umgekehrt? Eine endlose spannende Herausforderung... MARCUS MAIDA: Ihr kommt teilweise aus der Neuen Musik bzw. hattet sehr viel Berührung damit. Was interessiert euch konkret daran hinsichtlich einer Verbindung mit improvisierter Musik? Und wie spiegelt sich dieser Strang in eurer Arbeit wieder konzeptuell, und auch sehr konkret? Spielt ihr zB. auch in diesen Kontexten, oder vornehmlich in ausserakademischen Rahmen? KOCH-SCHÜTZ-STUDER: Klar, Koch und Schütz haben ja beide vor 150 Jahren klassische Ausbildungen absolviert, und vor allem Koch hat auch heute noch von Zeit zu Zeit mit E-Musik-Projekten zu tun. Und im August wird am Lucerne Festival - einem grossen E-Musik-Festival- eine Komposition von Thomas KJ. Mejer für Trio und Sinfonieorchester uraufgeführt. Aber im Grunde genommen spielt die «akademische" Musik in unserer Arbeit nicht eine gewichtigere Rolle als alle anderen Sachen wie elektronische Musik, Jazz, Dub, Turntablism oder Hardcore. An der neuen (aber auch z.T. alten) klassischen Musik ist für uns u.a. das komplexe strukturelle Denken interessant. Im Moment fliesst das im Prozess des «Instant Composing» mittels freier Improvisation so wie alle andern Einflüsse in unsere Musik ein. Wir haben im Trio lange auch mit Notation, graphischen Partituren, Konzeptstücken etc. gearbeitet, im Augenblick nicht, aber wir wollen das für die Zukunft nicht ausschliessen. Für unsere musikalische Arbeit funktioniert zur Zeit die freie Improvisation am besten. Es scheint uns, dass wir so am ehesten in einen unverkrampften musikalischen Ideenfluss kommen können. Unserer Konzerte finden eher in einem ausserakademischen Rahmen statt. Wir denken, dass wir oft im akademischen Kontext als zu roh, zu ungeschliffen empfunden werden, weil wir zum Beispiel halt das ganze dynamische Spektrum nutzen wollen, auch im lauteren Bereich, zudem gibt es ja im akademischen Kontext immer noch Vorbehalte gegenüber freier Improvisation. Aber grundsätzlich wünschen wir uns Veranstalter und Publikum, die halt bereit sind, offen zu HÖREN. Wir beobachten, dass es dringend notwendig ist, eine Hörkultur zu pflegen. Oft wird Musik heutzutage nur als «Begleitprogramm» zum Ausgehen benutzt, und da funktioniert halt unsere Sache relativ schlecht, weil sie stört und fordert. ¨ MARCUS MAIDA: Direkt in die Gegenwart: wie entstand das Projekt «Roots&Wires»? Wie würdet ihr hier den Focus des Projektes insgesamt beschreiben? KOCH-SCHÜTZ-STUDER: Irgendwann vor ein paar Jahren konnten wir für das Jazzfestival Willisau ein Projekt realisieren. Wir wollten etwas machen, was nicht mit traditioneller Musik wie im Fall von Kairo oder Havanna zu tun hatte. Wir stellten dann ein Interesse bei uns allen an Leuten fest, die mit Plattenspielern arbeiten. Wir wollten aber neue unbekannte Leute, also nicht z.B. Christian Marclay oder DJ Spooky, die man hier schon kannte, und die auch mit Improvisation zu tun hatten. Butch Morris hat uns M.Singe empfohlen, und sie war bald von unserer Idee begeistert und hat I-Sound mitgebracht. Für uns war die Idee eigentlich naheliegend, mit Turntablisten zusammen zu arbeiten, da wir ja schon Anfang der 90er Jahre das Material für «Hardcore Chambermusic» mit sequenzialisierten musikalischen Schnipseln aus den ganzen Plattensammlungen erarbeitet hatten. Mit zwei improvisierenden Turntablisten zu arbeiten macht enorm Spass, weil die ja im Unterschied zum Sequenzer auf einen reagieren. Man versucht sich ja auch immer wieder gegenseitig zu überraschen, Sachen auszulösen, an die man vorher nicht gedacht hatte. Und seit wir mit «Roots&Wires» keine Stücke mehr spielen, sondern frei improvisieren, ist es umso spannender, und man hofft natürlich immer wieder auf solche unvorhergesehenen musikalischen Situationen. Zu den guten «Instant Composition»-Momenten kommt man aber auch nur, wenn man keine Angst vor Abstürzen hat. MARCUS MAIDA: Wie habt ihr das Projekt klanglich aufgenommen und wie habt ihr es (auch mit den DJs) vorbereitet? Gab es längere «finding-sessions», also wurde hauptsächlich erst mal gemacht, oder gab es zuerst Gespräche über Konzept, Klangästhetik und Ausrichtung? KOCH-SCHÜTZ-STUDER: Bei den Studio-Aufnahmen zu "Roots&Wires" wurde auf unterschiedlichste Art und Weise vorgegangen. Es gab «real time»-Sessions und es wurde mit Overdubbing gearbeitet. Die Stücke und Konzepte waren schon seit längerem klar, wir hatten das Material ja geprobt und dann Live an Konzerten gespielt. Zudem haben wir im Studio spontane Ideen ausprobiert und auch Improvisationen aufgenommen. Nach dem Abmischen haben wir das Material zum Teil noch nacheditiert. Grosse Gespräche zusammen haben wir nicht führen müssen, wir suchen uns die Leute ja nicht beliebig aus. Es ist der bestimmte Horizont, die bestimmte Ästhetik, die jemand mitbringt und die irgendwie auf eine ähnliche Wellenlänge treffen muss. MARCUS MAIDA: Ab wann und wie hattet ihr Kontakt zur Elektronik und DJ-Szene bekommen, und was genau interessierte euch daran? Und warum waren es gerade zwei DJs, die aus dem New Yorker Illbient-Umfeld stammen, die euch zur Zusammenarbeit gereizt haben, und was macht die Zusammenarbeit mit Beth und Craig genau aus? KOCH-SCHÜTZ-STUDER: Alle drei von uns sind offen für Neues, somit ist auch die ganze Entwicklung der DJ-Scene nicht einfach an uns vorbei gegangen. Erstmals mit einem DJ gespielt haben wir im September 1996, im Projekt "Projections Sonores" unter der Leitung von Butch Morris und Jim O'Rourke. DJ B. Buster ist uns damals allen drei gut eingefahren, und somit blieb etwas hängen. Eine weitere Erfahrung war ein Konzert am "Jazz No Jazz"-Festival in Zürich, wo wir ebenfalls mit DJ B. Buster und mit Elliott Sharp gespielt haben. Später hat dann Butch Morris dem Martin von zwei weiblichen DJ's erzählt, welche in New York zur Zeit in seinen Conductions mitspielen würden. Da man (wir auch) leider immer noch weniger mit Frauen als mit Männern zusammen musiziert, haben wir uns gesagt: "give it a try". Martin hat sich dann mit den beiden Frauen in Verbindung gesetzt und es wurde abgemacht, gemeinsam etwas zu versuchen. Wir erhielten dann die Möglichkeiten, an den Festivals von Nickelsdorf und Willisau zu spielen. Kurz davor erhielten wir aber von der einen DJ-Frau, von DJ Mutamassik, eine Absage. Sie hatte mit einem grossen Plattenlabel einen Major-Deal abgeschlossen. Die erste LP musste in 5 Monaten fertig sein. Somit blieb keine Zeit mehr für irgend welche anderen Unternehmungen. DJ M. Singe hat uns dann jemand empfohlen, "a crazy guy". Klar, haben wir gesagt, und seither ist DJ I-Sound mit dabei. Die beiden ergänzen sich hervorragend: Beth geht eher analytisch vor, und Craig ist mehr der intuitive Spieler. Sehr wichtig für uns drei ist, dass wir es hier mit einer Musikerin und mit einem Musiker zu tun haben. Die entscheidende Frage für uns war nicht: Sind es DJs, sondern sind es Musiker, die zu uns passen. Wir machen keinen Unterschied zwischen einem DJ und einem Gitarristen oder einem anderen Instrumentalisten, wobei auch hier gilt, dass ein guter Instrumentalist noch lange kein guter Musiker ist. MARCUS MAIDA: Vieles bei euerem Konzert in Moers kam sehr auf den Punkt und liess dem Konzept trotzdem genügend Spielraum, sich auf spannende Weise zu entfalten, anderes wirkte hingegen meiner Ansicht nach viel zu amorph und war einfach nicht klar genug, Klangprobleme sowieso ausgenommen. Wie beurteilt ihr nachträglich den Auftritt, war er typisch für die Aufführung des Projektes? Und gibt es live sonst auch kürzere Texturen und Stücke als die beiden langen ca. je 30- minütigen? KOCH-SCHÜTZ-STUDER: Den Auftritt in Moers nachträglich zu beurteilen ist nicht einfach. Wir können nur dazu sagen, dass wir auf der Bühne insofern ein gutes Gefühl hatten, als wir das Publikum spürten. Die Leute hörten zu, es war eine Konzentration im Raum. Dies war ja nicht unbedingt selbstverständlich. Wir waren an diesem Tag die einzige Band, welche kein «Programm» hatte, sondern einfach improvisierte. Nun, beim Improvisieren ist es von entscheidender Bedeutung, wie differenziert man hört (und dadurch auch spürt). Obwohl die Sound-Crew vom Festival sehr gut war ñ «Roots&Wires» ist eine extrem komplexe Geschichte und bedingt dadurch einen ausgiebigen Sound-Check sowie unseren eigenen Mann am Mischpult; jemand der die Musik kennt. Beides war nicht möglich. Vielleicht klang für Dich auch deswegen einiges von unserem Konzert amorph. Ein weiterer Punkt ist: Es gibt bei uns kein typisches oder atypisches Konzert. Es gab (und gibt) bei «Roots&Wires» nach wie vor auch noch Stücke. Dazu müsste man vorher Zeit zum proben haben, was aber nur vor einer grösseren Tour möglich ist. Moers war ja ein einzelnes Konzert von «Root&Wires». MARCUS MAIDA: Was interessiert euch als nächstes? Ist eine weitere Kontexterweiterung bzw. -variation in Aussicht? Wenn ja, an was arbeitet ihr demnächst? KOCH-SCHÜTZ-STUDER: Zur Zeit stehen verschiedene «Unternehmungen» im Raum. Da liegt zum Beispiel die Anfrage eines bildenden Künstlers aus Lausanne vor, der über Miles Davis ein Buch herausgeben will. Dazu möchte er eine CD beilegen, worauf das Trio «Koch-Schütz-Studer» die Musik von Miles neu interpretiert. Wir haben auch schon gewisse Ideen dazu: Zum Beispiel würden wir uns auf die Periode der Platten «Miles Smiles», «Nefertiti» sowie «Filles de Kilimanjaro» beschränken. Das wäre einerseits eine grosse musikalische Herausforderung und andererseits war das noch während der «akustischen» Periode von Miles; die «elektrischen» Geschichten von ihm wären uns zu nahe. Ob dieses Projekt aber überhaupt zustande kommt, steht noch völlig in den Sternen. Wie immer: Eine Geld- und eine Zeitfrage. Weiter ist ein Theater-Stück für einen Schauspieler und drei Musiker geplant. Das wäre wiederum unser Trio zusammen mit Markus Wolff, einem hervorragenden Schauspieler aus dem Ensemble von Christoph Marthaler. Zur Zeit laufen die Verhandlungen, wir werden sehen. Das sollte im nächsten Jahr stattfinden. Was aber als nächstes anliegt, ist die «Begegnung» von "Koch-Schütz-Studer" mit einem Sinfonie-Orchester. Wir werden im kommenden August am «Lucerne Festival» und in Basel, zusammen mit der «Basel Sinfonietta» auftreten (Die «Basel Sinfonietta" ist ein Orchester, welches auf zeitgenössische Musik und auf Grenzüberschreitungen spezialisiert ist, ähnlich dem «Ensemble Modern» oder dem «Klangforum Wien»). Es ist dies ein Abend, welcher sich «Moderne. Lucerne» nennt. Dazu gab es vom Festival her Auftrags-Kompositionen an zwei verschiedene Komponisten. Dieter Ammann schreibt eine Komposition nur für die «Basel Sinfoniatta», aber die Musik ist basierend auf den fünf CD's von «Koch-Schütz-Studer». Thomas K. J. Mejer komponiert ein Stück für unser Trio sowie das Sinfonie-Orchester. In diesem Stück wird auch unsere Elektronik und die Improvisation zum Einsatz kommen. Am selben Abend wird noch ein Stück von Xenakis sowie von Olga Neuwirth gespielt und dirigieren wird Peter Rundel. Ein spannender Abend. Aber: Wir geben auch nach wie vor im Trio Konzerte. Wir spielen auch mit dem Gedanken, wieder mal eine Trio-CD aufzunehmen. Auf dem Laufenden halten kann man sich unter: Gekürzt erschienen in Jazzthetik, Oktober 2002 |