INTAKT RECORDS – CD-REVIEWS
DIE ENTTÄUSCHUNG
Intakt CD 125

 

 


DIE ENTTÄUSCHUNG straft einmal mehr ihrem Namen Lügen. Das 'Berliner‘ Quartett besteht - typisch Berlin? - aus einem Nürnberger Kontrabassklarinettisten, einem Kölner Trompeter, einem Lübecker Kontrabassisten und einem Drummer, nach dessen Herkunft ich schon gar nicht mehr zu fragen wage. Bekannt sind Rudi Mahall, Axel Dörner, Jan Röder und Uli Jennessen als Monk-Verehrer, anfänglich Fans (Die Enttäuschung, 1996), längst Spezialisten, die mit Monk‘s Casino (2005), angeführt von Alexander v. Schlippenbach, ihr Meisterstück lieferten. Auf dem neuen Album, das sie wiederum nur Die Enttäuschung (Intakt 125) getauft haben, glänzen sie ausschließlich mit Eigenkompoitionen. 17 insgesamt, keins länger als 5 Minuten. Keine Zeit für Weitschweifigkeiten also, alles ist hier quick, spritzig, hellwach, ein wenig zickig, immer sprühend vor übersprudelnder Spiellust und 'oben mit‘. Als ob die Fingerspitzen, die Lippen und vor allem die Synapsen elektrisiert wären. Ohne Schnickschnack spielen die Vier genau den Jazz, den Ornette Coleman als The Shape of Jazz To Come an den Horizont gemalt hatte. Eigentlich nichts, was Cherry, Dolphy & Co. nicht auch schon drauf hatten. Dass dazwischen die Mauer gebaut und wieder abgerissen wurde, im 'vorwärts - rückwärts‘ dieser swingenden, zuckenden, kapriolenden Postbop-Sonogramme gibt es nur Jetzt. Dörners Trompete und Mahalls Bassklarinette, zwei der eloquentesten Stimmen im heutigen Jazz überhaupt, scheinen wie mit elastischen Bändern verbunden, spielen sich die Bälle zu, fallen sich auffallend oft ins Wort. Dieses interaktive Moment, die Verzahnung ist mit das Schönste. Aber ich würde auch verstehen, wenn jemand an der federnden Rhythmsection einen Narren fressen würde, besonders wenn sie so leichtfüßig tänzelt wie bei 'Silverstone Sparkle Goldfinger‘.
Rigobert Dittmann, Bad Alchemy, 56, 2007

 

Kazue Yokoi, Jazz Tokyo, August, 30, 2007

 

 

Soutien de choix du pianiste Alexander Von Schlippenbach sur son monstrueux Monk Casino, le projet Die Enttäuschung impose cette fois au trompettiste Axel Dörner, au clarinettiste Rudi Mahall, au contrebassiste Jan Roder et au batteur Uli Jennessen, l'interprétation de compositions originales.
Renouant avec la cacophonie réjouissante des premières heures du free jazz – par l'amas, surtout, de legatos accrocheurs sortis de la trompette et de la clarinette basse (Drei-null, Vorwärts – Rückwärts) -, le quartette peut aussi défendre un swing, certes perturbé, sur Arnie & Randy, ou quelques morceaux d'inspiration latine signés Roder (Very Goode, Drive it Down on the Piano).
Révélant avec allant leurs influences diverses - Monk et Don Cherry sur le même Viaduct -, Die Enttäuschung cède ailleurs à des tentations plus personnelles: pratique instrumentale expérimentale sur 4/45 ou échange complexe et jubilatoire sur Selbstkritik Nr. 4. Au final, le groupe aura convaincu partout et de différentes manières.
Le son du grisli, France, 13 août 2007

 

 

Das Berliner Quartett, das 1996 mit einer Scheibe ausschließlich voll Monk debüttierte, schwang sich später mit Alex von Schlippenbach zu einer grandiosen und einzigartigen Hommage an Thelonious Monk auf, als sie dessen Gesamtwerk sammelte, spielte und interpretierte. Ihr Debut als Band mit Eigenkompositionen kommt spät, aber gerecht: besser jetzt, als wenn es zu spät ist. Mahall, Dörner, Roder und Jennessen leben Jazz - und ich meine JAZZ - mit allem, was dazugehört: Stilmacken®tum, verschossene Anzüge, Idiosynkrasien und kompetente Konsequenz. Zicken, Dandys, Kumpel, Komiker - bei diesen Vier ist alles drin. An einem guten Abend lassen sie dich mit offenem Mund stehen, wenn sie die Bühne längst verlassen haben, an einem schlechten schielst du nach dem Toilettenbesuch nervös zum Ausgang. Mittlerweile ist klar geworden, dass man von der Enttäuschung nicht mehr enttäuscht wird. Die 17 Eigenkompositionen überzeugen durch den pointierten traditionellen Tonstil, der bei aller Klassik genau zu den richtigen Referenzen in Sachen Abstraktion und bizarren Arrangements tendiert. Dann wird wieder alles in einen schmissigen Hit gegossen und auf den Flur geschüttet - könnt doch selber sehen, ob ihr ausrutscht oder stehen bleibt. Wir aber setzen uns hin und hören nochmal zu.
MADE MY DAY by HONKER, Terz, Stadtzeitung für Kultur und Politik, Düsseldorf, September 2007

 

Christian Rentsch, Jazz'n'more, Zürich, Oktober/November 2007

 

 

Translated to “the disappointment”, Die Ettäuschung’s figurative tongue fixes firmly in collective jowl even before the first note sounds. A Berlin-based quartet comprised of Rudi Mahall, Axel Dörner, Jan Roder and Uli Jennessen, the ensemble’s previous work has largely been in a repertory vein, mostly mining the mother Monk lode. Their teaming with Alex von Schlippenbach for Monk’s Casino (also on Intakt) brought such pursuits to full flower. This album, their fourth, marks a redirect to their own compositions though ample amounts of Monk and Ornette are still audible in the corkscrew freebop that springs from their own pens and instruments.
Seventeen cuts on the docket necessitate economical time spans, often not much more than space enough to get in and get out. A tightly whorled head followed by terse overlapping solos and occasional breaks for bass and or drums represent the common schematic, though snatches of calypso (“Drive it Down the Piano”), samba (“Very Goode”), and other folk forms enter the songbook on occasion. Dörner carves modest space for extended techniques, threading in dissonant texture-based detours amidst the more structured playing on pieces like “Vorwärts – Rückwärts”. The fit is ramshackle in spots, but the relative coarseness undercutting some of the charts works to the quartet’s advantage in sustaining improvisatory friction.
Mahall and Dörner make for an uncommonly attuned pairing, particularly in the area of pitch production with the Mahall’’s upper and middle register work on bass clarinet sounding oddly akin to an alto saxophone. Only sparingly does he revel in his reed’s cavernous capabilities and I found myself wanting for more of such ribald manuevers on occasion. Roder and Jenessen are similarly suited to each others sensibilities on the rhythmic side, but the more galvanizing interplay often transpires between the horns. The audio balance also seems to favor the frontline, with Roder sometimes a shade muddy in the mix. Cover art is the same Zappa-esque collage style of Mahall’s earlier solo effort for Psi and a fine complement to the music. If, on the off chance, these four are striving to live up to the strict letter of their chosen sobriquet then it’s safe to say they fail miserably in the enterprise.
Derek Taylor, Bagatellen, USA, August 21, 2007

 

Mit dieser CD der Berliner Band Die Enttäuschung schließt sich ein Kreis - nach Auftritten mit Alex von Schlippenbach und dem Gesamt-Monk-Werk und einer umjubelten 3er-CD mit dem nämlichen Material, knüpft sie auf optischer wie klanglicher Ebene an das erste Album der Band an: ein Album, das nur auf schwerem Doppelvinyl und im Direktverkauf erhältlich war, mit einem aufwendigen Kiappcover mit dem Scherenschnitt-Artwork von Katja Mahall, launigen Titeln ("Wer kommt mehr vom ALG") in reiner Quartettbesetzung, aber ohne Liner Notes. Die vorliegende Einspielung zitiert diese Eckdaten so ausführlich, dass ich es im ersten Moment für einen Re-Release dieses legendären Frühwerks hielt. Denn auch vom ersten Ton ist die Band nach diesem tiefen Eintauchen in die Kompositionen Monks wieder bei sich selbst gelandet. Themenköpfe aus rasanten Bebop-Fraktalen, viertelminütige Minidramen und Slapstick-Pantomimen, pointierte, Monologe und Stichomythien, eingebettet in einen Rausch aus kollektiver Improvisation, bei dem die Musiker die Rollen so schnell wechseln wie eine vierköpfige Theatertruppe, die eines der Königsdramen von Shakespeare in einer Dreiviertelstunde runterspielt - perfekt auf den Punkt gebrachtes, spontanes, aber immer kontrolliertes Chaos. Die klare Raumakustik der Aufnahme ist ein Trademark der Band, denn sie braucht keinen satten oder rigiden Klangraum, ihr Sound ist brüchig, an der Grenze zur Verflüssigung. Von Jennessens Schlagzeug kommt kein Volumen, sondern ein breites Spektrum von Hochund Mittelfrequenzen: Felle, Rims, Becken und das vereinzelte Wummsen der Kickdrum, die mit jan Roders Basslines die unteren Linien bildet. Weit darüber umschnattern sich Dörner und Mahall und ergänzen das Geflecht zum vierstimmigen Kontrapunkt; eine rhythmisch, harmonisch und melodisch eng verzahnte Art Fachscher Soundmathematik auf der Basis Duke Ellingtons, Ornette Colemans und natürlich Monks - vorgetragen mit Berliner Schnauze.
Eric Mandel, Jazzthetik, Deutschland, September 2007

 

http://www.bagatellen.com/archives/reviews/001768.html

 

akro, Concerto, Österreich, Oktober/November 2007

 

David Keenan, The Wire, November 2007

 

Daniel Spicer, Jazzwise, London, November 2007

 

Known for its repertoire performance of Thelonious Monk tunes, the Berlin-based Die Enttäuschung quartet showcases its own compositions on this notable CD. Along the way the band proves that rhythmic excitement can be mated with serpentine melodies and unusual improvisational forays.
Trumpeter Axel Dörner, whose style usually probes the outer limits of raspy noise and microtonal vibrations, here surprisingly adopts a muted, tongue-fluttering output that erects polytonal pointillism along with bass clarinetist Rudi Mahall. For his part, the reedist matches low-pitched renal snorts or squeaking altissimo smears with Dörner’s output in such a way Booker Little. Should one horn player explode into pitch-sliding expansions in his instrument’s highest range, then the other decorates that foray with a soothing obbligato, keeping the end product as grounded as any Monk line.
Although, except for the odd reverberation, bassist Jan Roder, stays too far in the background, inventive drummer Uli Jennessen makes up for this. Using both his palms and sticks, backbeat ruffs, blunt bounces and Latinesque wood block concussions vary the beat with unexpected patterning.
A caveat: while the 17 shortish tracks on this CD may show off the members of Die Enttäuschung’s individual compositional versatility, fewer, longer numbers would give them all scope for more illuminating and extensive improvisations. More than piano-less Monk interpreters, the German band shows that it’s capable of music as inventive – if not yet as timeless – as that of its American mentor.
Ken Waxman, Coda Magazine, Canada, December 2007 and Jazzword.com

 

Werner Barth, Jazz & Blues, Belgien, Dez 2007

 

 

Luc Bouquet, Improjazz 142, Février 2008

 

Rudi Mahall, a German improviser most known for his association with pianist Alexander von Schlippenbach, is the rare bass clarinetist who doesn't stray. Given his solidarity with the instrument, it has been necessary for him to expand its range, or at least its thrust. Mahall treats the bass clarinet more often like a saxophone. In the cooperative Die Enttäuschung (The Disappointment) and this, its second album but first of original music, he is matched against the trumpet of Axel D?rner and the rhythm section of Jan Roder and Ulli Jennessen - the Schlippenbach quintet minus its taskmaster. Given Mahall's approach, this album is a trip to Dolphy country, but taken in a vehicle with very tight shock absorbers. The 17 pieces, with the lion's share by Mahall, go by quickly, only once exceeding 5 minutes and all played with a certain agitated postbop mentality that draws a line from '60s New York to modern Berlin.
Andrey Henkin, All about Jazz, USA, April 2008

 

Klaus Nüchtern, Falter, Österreich, Nr. 39 / 2007

 

John Corbett, Downbeat, UK, September 2008

 

Die Enttäuschung es un grupo berlinés de aliento monkiano-ornettiano que ha hecho de la travesura un arte. Parecen capitaneados por Rudi Mahall, aunque es probable que este “barco de locos” navegue sin capitán y, si no desde luego a la deriva, sí con el rumbo cambiante y clandestino de una embarcación pirata. En todo caso, el clarinete bajo de Mahall hace las veces de proa. Los hemos visto tocando en nuestro país claramente liderados por el gran Alexander von Schlippenbach, interpretando esa magnífica integral de Thelonious que han llamado Monk's Casino que fue, como este disco que ahora reseñamos, impecablemente editado por el sello Intakt. Qué gran estampa ofrecían: Schlippenbach, como un viejo marino sabio y desencantado, y a un lado la tripulación joven y canalla...
La cubierta de esta nueva entrega de Intakt no podía ser más atinada: el collage de Katja Mahall, muy en la estela del Richard Hamilton de Just What Is It That Makes Today's Homes So Different, So Appealing?, concuerda a las mil maravillas con el contenido musical, consistente en casi una veintena de piezas de corta duración (sólo “Very Goode” sobrepasa los 5 minutos), composiciones propias, de melodías quebradas y fragmentarios fraseos, con una hábil administración de belleza y humor. Este último rasgo, el humor, indisociable de la manera de tocar del cuarteto, me parece un auténtico acierto, un hallazgo, más aún cuando el humor parece haber sido desterrado del panorama jazzístico, donde es tenido por superfluo y es desdeñado, acaso desde que, en los años 60, empezara a considerarse un vestigio de los tiempos en que nuestra música no quedaba lejos del vodevil y del circo, y el músico negro hacía las veces de payaso. Lo cierto es que, a pesar de dicha “interrupción”, el humor recorre la historia toda del jazz, desde Fats Waller y Satchmo hasta Dizzy o Sonny Rollins; que el jazz –diríamos parafraseando el título de un disco de Horace Silver– tiene sentido del humor. Y si bien se diría que fue Frank Zappa quien, desde los márgenes del jazz, recogió ese testigo de la venerable tradición humorística jazzística, a la que hizo magníficas contribuciones desde finales de los 60 en adelante, parece que casos como el de Die Enttäuschung o Steven Bernstein y sus Sex Mob, entre otros, permiten hablar de nuevos tiempos para el jazz sonriente.
Roder y Jennessen aportan una más que suficiente, estimulante variedad rítmica, que se sitúa en un segundo plano, Mahall y Dörner en primera línea, jugando con el swing en caída libre de un modo que hace fácil la comparación con el binomio Ornette/Don Cherry. Sus composiciones contienen pasajes de gran belleza melódica, bien combinadas con su característica ironía. Por suerte –para uno, al menos, que tiene la sensibilidad algo delicada–, Dörner no hace excesivo alarde de sus avances en la exploración de texturas con la trompeta.
En definitiva, Die Enttäuschung no hace honor a su nombre, que en alemán quiere decir “decepción” o “desengaño”. Su nueva propuesta se nos antoja una de las más risueñas y refrescantes del 2007.
Alberto Marina Castillo, TomaJazz, Marzo 2008, Spain

 

Reh-Zensionen, Nummer 65, Deutschland, Herbst 2009

 


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