INTAKT
RECORDS –
CD-REVIEWS
EVAN PARKER - PAUL LYTTON
COLLECTIVE CALLS (REVISITED) (JUBILEE)
Intakt CD 343 / 2020
Wie, zum Teufel, soll man denn der 50-jährigen kreativen Freundschaft von
EVAN PARKER, Jg. 1944, & PAUL LYTTON, Jg. 1947, anders gerecht werden als mit einem ganzen Roman? Sie
selber machen sich bei Collective Calls (Revisited) (Jubilee) (Intakt CD 343) den Spaß, die Titel aus
"Party im Blitz" zu fischen, Elias Canettis Gift spritzendem Rückblick auf seine karge, allenfalls
seitensprungreiche Zeit unter Engländern, die er als vertrocknete Mumien und Hochmuts-Künstler um die
'bonfires on Hampstead' staksen sah. Trotz aller Nazi-Blitz-Gewitter mit stiff upper lip, dabei partygeil
und sexbesessen wie Iris Murdoch, dieses Oxford-Ragout. Parker & Lytton, der seit 1975 in Belgien selber
auf Abstand gegangen ist, scheint aber Canettis Etikettierung als quäkerische Dissenter und Königsmörder
nicht schlecht zu gefallen. Ihr einst von Lytton mit schrottigem Drumset und Liveelectronics akzentuiertes
Miteinander 1970 ff, gleich zu Beginn als ''Not necessarily English music" ironisiert, erscheint auch nach
einem halben Jahrhundert weiterhin unerschöpft und entfaltet sich hier in seiner ganzen handwerklichen
Frische und mundwerklichen Blöße. Parker schreibt sogar gerade dem Miteinandervertrautsein den förderlichen
Impuls der kreativen Unbedenklichkeit zu. Tatsächlich sprudeln, federn, rappeln sie miteinander wie zwei
ewige Lausbuben, die soeben ein neues Spiel erfunden haben. Der eine mit seinem heiseren Lerchentirili aus
tenoristischem Zirkularatmungsfüllhorn, der andere mit unter rasantem Tremolo oder feinem Dröhnen bebenden
Blechen, knatternden Fellen und wie mit Bauklötzchen klackendem und kollerndem Eifer. In elf
abstrakt-expressionistischen, hackend und ploppend akzentuierten Ergüssen, geschwindigkeitsberauscht,
bruitistisch ungeniert und, im Urvertrauen auf die Unerschöpflichkeit des Klangozeans, von keinem
Zenon'schen Paradox zu bremsen. So wetzen sie unverdrossen die Schnäbel am Diamantberg (der selbst im
Fast-forward einer Wells'schen Zeitmaschine sich davon unvermindert zeigt). So steigen sie in den immer
selben Fluss als gläubige Heraklitianer, denen da immer wieder anderes Wasser zufließt. Und ist diese
peculiar music nicht doch auch ein quäkerisches Lob der Gleichheit und ein shakender Taumel?
Martin Schuster, Concerto, Österreich, Feb-März 2020
Derek Taylor, Dusted Magazine, February 10, 2020
Jazz Tokyo, Jazz and Far Beyond. No 263, 2020
Jan van Leersum, rootstime.be, February 2020
Gustav Lindqvist, En Fri Jazz, 14 februari, 2020
Yoshiaki onnyk Kinno 金野onnyk吉晃, Jazz Tokyo, Jazz and Far Beyond. No 263, 2020
Nazim Comunale, The New Noise, 31.3.2020
Edwin Pouncey, Jazzwise, May 2020
Aldo del Noce, Jazzconvention, 8. Aprile 2020
Stefan Pieper, Jazzthetik, Mai 2020
Simon Camatta, Freistil, Österreich, Mai 2020
Wolfgang Gratzer, Jazz Podium, May-June 2020
Guy Peters, Jazz & Mo Magazine, June 2020
Jean Buzelin, culturejazz.fr, Aug 13 2020 (FR)
John Sharpe, All About Jazz, Sept 9 2020
Ben Taffijn, Nieuwe Noten, Dec 02 2021 (NL)
|
Newsletter in English | Newsletter in German |
Digital Download Store |
© 2020 Intakt Records | P.O. Box, 8024 Zürich, Switzerland | intakt@intaktrec.ch | +41 (0) 44 383 82
33