INTAKT
RECORDS
CD-REVIEWS
LUCAS
NIGGLI BIG ZOOM
Celebrate Diversity. Intakt CD 118
Nicht so kraftvoll
wie die Live-Ersteinspielung "Big Ball" dieses Ensembles,
dafür aber mindestens so subtil und eher im kammermusikalischen
Ton gehalten, gibt sich "Celebrate Diversity". Und die Artenvielfalt
ist wirklich enorm: da wäre die geschwätzige Klarinette und
ihre große Schwester, die Bassklarinette (Claudio Puntin), die
etwas tiefer sich schlängelnde und manchmal brüllende Posaune
(Nils Wogram), die teils liebliche, teils fest zubeißende Gitarre
(Philipp Schaufelberger), weiter noch der Kontrabass, der in freier
Wildbahn in gezupfter und gestrichener Form vorkommt und einen erstaunlichen
Tonumfang sein Eigen nennt (Peter Herbert) – nicht zu vergessen
die Familie der Schlaginstrumente, die uns durch die Bandbreite ihrer
Klangmöglichkeiten, vom Zirpen bis zum Dröhnen, überraschen
(Lucas Niggli) . Wieder gelingt es Niggli und seiner Band, hoch komplizierte
Strukturen durch nonchalant s(ch)wingenden Puls quasi "schmackhaft"
zu machen. Für Menschen und Tiere mit großen Ohren!
Das Quintett von Lucas Niggli
zählt mittlerweile zu den besten zeitgenössischen Jazzbands
weltweit. Während das 'Zoom'-Trio mitunter rauere und in all seiner
Komplexität nahezu direktere Strukturen auslebt, wird hier offenbar
die Sensibilität geschult und erforscht und unsere Dendriten werden
wunderbarst gebüschelt. Die sanften, fliessenden und fragilen Stimmungen,
die in den bewundernswert klaren Strukturen entstehen, lassen Komplexität
und Abstraktion lebendig, geradezu barock werden. Das Ergebnis ist pure
Reife.
The liners on this one liken
Lucas Niggli’s Zoom ensembles to lenses of varying powers of magnification.
It’s an apt analogy and one that speaks to the precision properties
at play in the drummer’s intricate compositions and execution.
Intakt has been a receptive home to his past projects with no fewer
than nine releases illustrating his talents as either leader or sideman.
Big Zoom differs from its smaller Zoom counterpart in the addition of
clarinetist Claudio Puntin and bassist Peter Herbert to the core trio
of Niggli, trombonist Nils Wogram, doubling on melodica, and guitarist
Philipp Schaufelberger. The ready-made tag of “chamber jazz”
seems a convenient one to apply on the surface, but ends up cursory
when it comes to corralling all the band is capable of playing and everything
that goes into it.
Der Drummer LUCAS NIGGLI
hat seine BIG ZOOM-Truppe für Celebrate Diversity (Intakt CD 118)
im Studio um sich geschart. Noch ausgeprägter als beim Debut Big
Ball, das 2002 live auf dem Jazzfestival Willisau mitgeschnitten worden
war, kommt so die Neigung zu kammerjazzigerTransparenz, quasi Zimmerlautstärke
und Intimität zum Zug. Das Titelstück gleich zu Beginn wird
zum Programm für die gesummten Finessen von Nils Wograms Posaune
(& Melodica), das vogelfreie Klarinettenzickzack von Claudio Puntin
und die lyrische Gitarre von Philipp Schaufelberger, ebenso wie für
Peter Herbert, dem neben Puntin zweiten 'Big‘-Element, der seinen
Kontrabass wie mit Wollhandschuhen betupft oder mehr streichelt als
streicht. Und erst recht für Niggli selbst, der seine polyrhythmischen
Klicks und Pings mit dem feinen Sonntagssilberbesteck klickt und pingt.
Dem Beigeschmack von weißer Soße entzieht sich das Quintett
aber durch seine quicklebendige, immer wieder bockige Kapriziösität,
durch das agile Herumkapriolen und blubbernde Pidgin der Posaune oder
das launige Gesprudel der Klarinette und die Zicken der Bassklarinette.
Der Speed-Track 'Große Sprünge‘ ist dafür das
Paradebeispiel, so wie vorher 'Screen Sleep‘ einen vor einer laufenden
Arte-Sendung wegschnarchen ließ. Niggli zelebriert mit seinem
Team Loblieder der Melodie und Harmonie und fasst beim 11-minütigen
'Bridges from Good Times‘ das spezifisch Big-Zoomige wie in einer
Nussschale ein. 'Dance for Hermeto‘ überlässt lange
der Posaune den Dancefloor für ein Latin-umgroovtes Macho-Solo,
bevor die Klarinette ihm kess entgegen tänzelt. 'Parallel Universum‘
streift dann, ähnlich wie schon der Allerseelenmarsch 'Schluss‘,
wieder träumerisch, largo, fast grave durch ein Schattenreich,
in dem eine gespenstische Melodica fiept, bevor Percussion und Bass,
schon als 'Fly & Foggy‘ ein Looney-Tunes-Gespann, als 'Deux
Lezards‘ davon huschen.
Wenn fünf Musiker dieses
Niveaus, die überdies oft zusammen touren, ins Studio gehen, ist
die Chance gross, dass etwas Interessantes dabei herauskommt. Nigglis
BIG ZOOM ist ein augenzwinkernder Brückenschlag zwischen Jazz-Roots
und zeitgenössischem Jazz. Die beiden brillanten Bläser Nils
Wogram und Claudio Puntin sorgen für hinreissende Soli. Die Musik
lebt von Individualität, Können und auch Humor der fünf
Musiker. Alles vollzieht sich im Vordergrund von Nigglis subtilem, aber
auch immer wieder aufmüpfigem Schlagzeugspiel. Ideen werden sofort
aufgenommen und "eingezoomt". Keine inhaltsleere Virtuosität,
sondern feinsinnige Jazz-Kammermusik auf höchstem Niveau. Die CD
beweist auch, dass Niggli nicht nur ein hervorragender Schlagzeuger,
sondern auch ein guter Komponist ist: Alle Titel stammen von ihm, zwei
davon in Zusammenarbeit mit Peter Herbert.
Es ist immer wieder erfreulich,
dass es auch hier in der Schweiz herausragende Musiker bzw. Schlagzeuger
wie Lucas Niggli gibt. So erschien vor einiger Zeit bei INTAKT Rec das
Album des Schlagzeugers Niggli Big Zoom - Celebrate Diversity. Hier
treffen sich fünf Musiker welche sich gut kennen, viel gemeinsam
touren und nun eine geniale CD produziert haben. So hört man hier
wunderbare Solos der beiden Bläser Claudio Puntin sowie Nils Wogram.
Die Musik kommt nie langweilig daher, eine Spannung ist da und so entstehen
interessante Sounds. Hier wird Jazz auf höchstem Niveau gespielt.
Zudem zeigt Lucas Niggli mit diesem Album, dass auch Schlagzeuger hervorragende
Komponisten sein können. Sämtliche Kompositionen stammen aus
der Feder von Lucas Niggli. Man kann nur hoffen, dass es in Zukunft
weitere solche hochstehende Produktionen von Schweizer Musikern geben
wird.
Luc Bouquet, Improjazz, France, April 2007
Lucas Niggli Big Zoom. Celebrate
Diversity. Intakt CD 118
Peter Rüedi, Die Weltwoche, Nr. 2/2007
Although not particularly
well known in the U.S., drummer Lucas Niggli’s work has been well
documented by the Intakt label since the middle of the ‘90s, both
as a sideman (to Irene Schweizer, Pierre Favre a/o) and leading his
own bands. He should be better known. Niggli formed the trio Zoom with
trombonist Nils Wogram and guitarist Philipp Schaufelberger. After a
couple of releases, that band morphed into Big Zoom with the addition
of clarinetist Claudio Puntin and bassist Peter Herbert. This is the
band’s second release. Niggli has a crack band here and he knows
it. They are able to draw from a wide range of experiences and Niggli
uses this as the base of his music for this group. (Hence the album’s
title?) It’s not that these charts are all over the place. This
record has a distinct uniform sound. It’s just that the music
takes the listener on a journey throughvarious contemporary styles and
techniques, filtered through Big Zoom’s unique prism. Niggli knows
he has some ace musicians in his ensemble and gives them interesting
and difficult material that they handle with ease. Clarinetist Puntin
is a real find with a beautiful, light, airy, yet expressive tone and
an uncanny ability to maneuver the most difficult passages and make
them sound easy. The same could be said for trombonist Wogram, who is
arguably the best-known member of the band. The tricky time signatures
and the frequent stop-start passages would seem to indicate that this
is a drummer’s band. Yet, Niggli is far from the center of attention.
No flashy drum solos here. As a matter of fact his playing is pretty
much confined to the “background,” yet it’s the glue
that holds these tunes together. He has a great ear for blending the
unusual front line. All of this is brought to the fore on the album’s
centerpiece, “Bridges From Good Times.” But the entire album
works this way and the net effect is almost suite like. This is a refreshing
disc, a real tonic for the ears and is agood place to check out Niggli’s
unique music
Andrew Choate, Signal to Noise, USA/Canada, Spring 2008
Marcello Lorrai, In Sound, Italy, September 2007
|