INTAKT RECORDS CD-REVIEWS
Sylvie Courvoisier-Mark Feldman
Live at Thâtre Vidy-Lausanne
Francisco Cruz, Jazznews, France, Août - Septembre 2013
Sonaten, Capriccios, Fantasies für Violine und Klavier. Oder wie sonst soll man nennen, was MARK FELDMAN und SYLVIE COURVOISIER da spielen, Live at Théatre Vidy-Lausanne (Intakt CD 210)? Ich weiß auch nicht, was Keen bedeutet in 'Five Senses of Keen', spüre aber, wie Feldman alle fünf Sinne eintaucht in diesen Third Stream aus sehnsüchtigem Geigenspiel und Pianogequirle, das Courvoisier mit erstaunlichen Raffinessen anreichert, etwa wenn sie Wühlarbeit der linken Hand mit tonlosem Klacken der rechten kontrastiert. 'For Alice', ihre einzige Komposition hier, neben zwei ihres Ehemanns und drei Improvisationen, wartet, so quick wie das Weiße Kaninchen, mit kapriziösen Tonfolgen auf, mit phantastischen Erfindungen und den verblüffenden Kontrasten von dunklen, diktatorischen Pianonoten und schwindelerregend unbändigem Gezirpe der Geige. 'Orpheus and Euridice' wechselt den Schauplatz vom Wunderland in die Unterwelt, oder auch nur nach Griechenland. Es ist das nämlich der erste und mit 15 Min. nahezu epische von fünf mythopoetischen Gesängen, mit webender und in höchste Höhen aufsteigender Geige und vom Schicksal angeschlagenem, elegischem Piano und auch wieder mit Effekten, gezupften oder brummigen, mit einer halbsbrecherischen Flucht und zuletzt entsagenden Gesten des Pianos. Feldman erklimmt dabei die Gipfel der Ysaÿe-Skala. Seine Partnerin rumort dafür bei 'Pindar' besonders aufällig im Innenklavier, während Feldman pizzikato umeinander springt. 'Melpomene' setzt diese effektvollen Spielweisen fort, mit kapriziösem Picken, kleinen Kratzern und Kürzeln aller vier Hände, ohne dass die Violine ihre schönen Möglichkeiten verbergen müsste. 'Simonides' kommt kantig und energisch, fast stürmisch daher, im innigen Rapport der beiden Stimmen. 'Calliope' bringt zuletzt noch einmal quirlige und kapriziöse Figuren, spitze Pfiffe und plinkende Noten, ein nervös flickernder sprunghafter Klingklang, mit wilden Schnörkeln und Schraffuren, von Wieniawski-Preiswürdiger geigerischer Brillanz, aber durch und durch jetztzeitig und ungebunden.
Oggi, su questo pianeta, ci sono pochissimi altri duo pianoforte-violino che abbiano l'incredibile intensità, vibrante energia, identica immaginazione creativa, toccante lirismo e capacità di quello formato da Sylvie Courvoisier e Mark Feldman.
Ulrich Steinmetzger, Leizpiger Volkszeitung, 6. Juli 2013
De passage à Bordeaux récemment, où elle accompagnait Israel Galvan au Rocher de Palmer (deux soirées « sold out »), Sylvie Courvoisier a pu me dire à quel point son dernier opus avec Mark leur convenait à tous deux au point de vue réalisation. Quatre soirées de concert au Théâtre Vidy - Lausanne, qu'elle connaît bien, entièrement enregistrées, et, au bout du compte, le choix entre plusieurs versions des mêmes thèmes, donc à la fois la vivacité du « live » et les possibilités du studio. Dans ses notes de pochette, Bert Noglik parle, sans doute avec justesse, d'une musique de désir. Ce qui saute aux oreilles en tous cas, c'est le désir de musique qui traverse et réunit les deux comparses, qui peaufinent depuis des années leur duo en y ajoutant - chaque fois que nous en avons des traces -, un peu plus de complicité musicale, une entente qui devient télépathique. Deux pièces (les plus longues, « Five Senses Of Keen » et « Orpheus And Eurydice », sont de la plume de Mark Feldman, « For Alice » a été composé par Sylvie et les quatre autres résultent d'une interaction, sans doute improvisée, entre la pianiste et son violoniste de mari. Il y a dans cette très belle musique de chambre actuelle un ressourcement emprunté à la musique classique et une réinterprétation du jazz tout à fait personnelle. Des moments de suspens où tout semble attaché à un fil ténu, on passe à des instants d'engagements furieux, profonds, zébrés ou percussifs, puis l'on se retrouve dans la légèreté presque comique et primesautière de petits échanges amusés. Pour vous convaincre d'entrer dans cet univers, écoutez d'abord les pièces courtes (« Melpomene », « Calliope »), puis plongez dans les formes développées des suites plus longues. Cette musique vous attend. Mieux : elle vous exige.
Es ist eine Besonderheit des Jazz, dass das Erleben seines Entstehungsprozesses integraler Teil seiner musikalischen Aussage ist. In diesem Sinne handelt es sich bei der Musik, die die Welschschweizer Pianistin Sylvie Courvoisier und ihr amerikanischer Mann, der Geiger Mark Feldman, im vergangenen Jahr eingespielt haben, um Jazz – auch wenn man satte blaue Noten und ohrenfällige Swing- und Bop-Elemente oder Free-Jazz-Manierismen vergeblich sucht. Die Aufnahmen vor hochkonzentriertem Publikum erinnern vielmehr an ein Recital zeitgenössischer Kammermusik. Das in New York lebende und der dortigen Downtown-Szene verbundene Paar gestaltete drei längere Kompositionen, bei denen sich ein ausgeprägter gesamtgestalterischer Formwille manifestiert und die doch immer von einem selbstbestimmten diskursiven Gestus bestimmt sind. Feldman ist ein Geiger virtuoser Technik mit kraftvoll strahlendem Ton. Logische Abstraktion und emotionale Kantabilität folgen einer magischen Dramaturgie des Dialogs der Partner; konturierte Motivik trifft immer wieder auf abgründige Akkordik; hochsensibel ist der Sinn der Pianistin für expressive Klangfarbigkeit. Kein vordergründiges Gegen-den Strich-Bürsten lenkt von der Stringenz des Vortrags ab. Offensichtlich sieht sich das Paar selber in einer urklassischen Tradition des Diskurses: Vier extemporiert wirkende Miniaturen sind nach altgriechischen Poeten bzw. deren Musen benannt. Herb schön ist diese Kammermusik ‒ auch weil sie sich erst gar nicht zwischen die Stühle der Genres setzt, sondern sich erhaben aufrecht im Raum behauptet. Thomas Fitterling, Rondo, das Klassik und Jazz Magazin, Deutschland, 03.08.2013
Das Duo Sylvie Courvoisier & Mark Feldman, als Mittelpunkt eines Quartetts mit Thomas Morgan und Gerry Hemingway, spielt Musik, die in gemeinsamer kompositorischer und improvisatorischer Arbeit entstanden ist. Beide formenden Prozesse sind weder im Verlauf noch im Ergebnis voneinander unterscheidbar, und die Musik folgt unbekannten idiomatischen Wegen. Sie ist ganz und gar für das klangliche und dynamische Vermögen der beiden Musiker maßgeschneidert, so zugleich augenblicksgesättigt wie ausgehärtet. Eine Musik von großer Konsequenz und Eigenständigkeit, von tiefer Klarheit und einem immensen Reichtum an Emotionen. (Für die Jury: Hans-Jürgen Linke)
Swiss pianist Sylvie Courvoisier and US violinist Mark Feldman have been an item, musically and personally, for more than 15 years, and their music attests to that in a sense of familiarity without habit, pleasure in private languages that still make sense to outsiders, and the confidence to resolve conflict or leave it simmering. They are both fine-tuned virtuosi whose projects sound like edgy classical chamber-music as much as improv or jazz, and that impression is all the stronger here. The sense of romantic melancholy turning to scurrying vivacity on Five Senses of Keen is also there in Orpheus and Eurydice, with its elegant folk melody for piano underpinned by a spinning violin pattern. Later stages of the set tend toward more exclamatory, improv-like figures in both the themes and the variations. But even at their most heated, Courvoisier and Feldman always sound as if they're weighing proportions, massaging nuances, and drawing listeners in.
A distance ou en proximité, véloces ou en suspens, Sylvie Courvoisier et Mark Feldman regorgent d'éclairs fougueux ou réfléchis. Il y a chez eux des fracas de tendresse, des mélodies qui collent aux oreilles. Il y a Bartok et Fauré qui passent par là. Il y a ce jazz démonté qui pointe un peu son swing. Il y a de l'agilité tzigane dans le jeu du violoniste. Il y a de l'inquiétude grandissante dans les graves de la pianiste.Il y a deux musiciens passant de l'intime au drame. Deux musiciens connaissant le sens des résonnances et des raclements soniques. Il y a des heures de travail et de concentration. Il y a cette tendresse affirmée, cette justesse du dire qui ne peut que nous éblouir. Et puis il y a, bien sûr, cette complicité essentielle sans quoi rien ne serait possible. Luc Bouquet, Le Son du Grisli, France, Septembre 2013
Marc Chénard, La Scena Musicale, August 28, Canada, 2013 (english)
Auf dem Rest der CD spielen sie dann richtig zusammen, fallen sich im Vorhergedachten ins Wort, flippen aus, finden von den Ausreißern, von den Genüssen der freien Jazz-Artikulation zurück in die Kultur festgeschriebener Bezüge. Die verschiedensten Spielhaltungen und atmosphärischen Valeurs vernetzen sich in den hellwachen Reaktionen der beiden Spieler – Tanz, Weltschmerz, befreiender Krach, Bekenntnis zu schlichter Schönheit, schrille Sprungkaskaden. Das Projekt steht und fällt zwar auch mit dieser besonderen Zweisamkeit, hat aber in Mark Feldman den spektakuläreren Spieler. So hat im Jazz-Kontext noch niemand Geige gespielt, wahrscheinlich nicht mal er selbst. Den spezifisch Jazz-affinen Teil seiner Visionen, zu denen jede Art von Improvisation bis hin zu Free-Jazz-Ausbrüchen, eine große Zahl verschiedener Tonfarben-Vorstellungen, die typischen verschliffen synkopischen rhythmischen Details und kurz vor Schluss so etwas wie ein unfreiwillig hereinschleuderndes anonymes Sarasate-Zitat gehören – das alles mit dieser technischen Finesse, unerbittlich sauberen Intonation und explosiven Ausdruckskraft zu artikulieren, ist eine einmalige Leistung. Weshalb diese CD eine der originellsten Produktionen der Jazzgeschichte ist. Die Vierteljahrsempfehlung des Preises der deutschen Schallplattenkritik hat sie schon bekommen.
La musique de chambre de Sylvie Courvoisier et de Mark Feldman, le couple enregistré Live au Théatre suisse Vidy-Lausanne en 2012, témoigne de l'apothéose touchée par le duo. La pianiste suisse et le violoniste américain proche de John Zorn fusionnent leur art, leur désir, leur passion, leur créativité, pour sublimer un voyage qui vaut largement la conquête de Saturne ou d'Uranus. L'interaction époustoufle. La cohésion hallucine. Feldman courait le monde. Courvoisier a supprimé l'Océan atlantique depuis le déménagement à Brooklyn en 1988. La science des musiques improvisées européennes s'est enchevêtrée au vagues expérimentales new-yorkaises. De l'émotion pure dans le noyau de l'avant-garde. La complicité entre deux personnes nourrit la musique de l'éternel et du devenir des hommes.
Coppia nell'arte e nella vita, la pianista svizzera Sylvie Courvoisier (Losanna 1968) e il violinista statunitense Mark Feldman (Chicago 1955) suonano insieme dalla metà degli anni Novanta; l'intesa che hanno sviluppato è travolgente, come mostra il loro duetto «Live at Théâtre Vidy-Lausanne» inciso un anno fa e pubblicato dalla sempre coraggiosa Intakt. Nei 7 brani del cd, che passano dal bozzetto di due minuti all'ampio affresco di più d'un quarto d'ora, tutte le potenzialità del dialogo sono sviscerate con intensità corporea. Cadenze classiche, melodiosità folclorica,aggressività contemporanea, virtuosismi cheevocano la scuola indiana, vitalità zigana, interplay jazzistico, lunare sensibilità romantica: ogni riferimento è rivisitato con l'urgenza di chi fa musica per necessità e al tempo stesso per un palpabile piacere sensuale.
Daniele Camerlengo, SUONO, Italia, dicembre 2013
VC, Dossier L'art du Duo, Jazzman/Jazzmagazine, Decembre 2013
JeAutres piliers du label, la pianiste Sylvie Courvoisier et son mari violoniste Mark Feldman qui s'expliquent cette fois en duo après deux disques en quartette. Dans la grande tradition des duos piano/violon, ils proposent, en un équilibre "jazz/musique contemporaine" parfait, une musique acoustique "forte et raffinée" (comme la moutarde), alternant passages legato et moments plus arrachés, offrant un aspect débridé mais contrôlé. La prise de son limpide et résonante, alliée à la grande virtuosité technique des musiciens, rend l'écoute de ce disque, au répertoire entièrement original, particulièrement attrayante. Jean Buzelin, Culturejazz France. 14 janvier 2014
Daniele Camerlengo, Suono, Italia, Feb 2014
Anya Leveillé, Le Courier, Mars 8, 2014
This latest release of compositions, penned and performed by the husband-and-wife Courvoisier-Feldman duo, is an exciting live performance that took place near the Swiss shore of Lake Geneva. Courvoisier, who is a native of Lausanne, returns home to display her talents since spending the better part of the last decade working with John Zorn, her husband, her own group, and a slew of other collaborators. The past decade has been busy for Feldman as well. Beside his work with Zorn and John Abercrombie, Feldman has performed violin concertos with orchestras internationally, composed for groups like the Kronos Quartet, and dabbled in popular music (not to mention his Nashville past where he performed with the likes of Johnny Cash, Willie Nelson, and George Jones).
Uno de los grandes problemas que tiene la música académica, entre otros que el educacional se haya convertido en un gueto (al menos con los planes de estudio de este país), es que vengan desde el jazz y la improvisación a hacer un trabajo que antes hacían los compositores. No se trata aquí de emular o clonar a los clásicos en concierto- formato-auditorio y solista al frente de una orquesta muy aplaudidos al final. Uri Caine ya nos mostró sus lecturas posmodernas y en la más reciente de Samuel Blaser sigue existiendo un pulso creativo entre el pasado y la modernidad. En el caso de esta pareja sentimental y creativa, Courvoisier-Feldman, es paradigmático lo de la ambivalencia de los músicos de vanguardia en el jazz, con un pie puesto en la música académica de, digamos, ECM y otro en, pongamos, el downtown neoyorquino. Estos dos mundos aparentemente irreconciliables se concitan aquí. La dramaturgia de un Schnittke y la fecunda provocación de John Zorn (que también ha escrito cuartetos de cuerda, música de cámara en Masada con Feldman, para piano y orquesta, etc). Lo que más nos interesa no es, llegado a este punto donde la escritura y la improvisación apenas se distinguen, si la compenetración que mantienen es tan sobresaliente como la capacidad de equilibrar un mensaje musical y cromático ocupando los espacios vacíos que deja el otro o si la técnica que desarrollan a todos los niveles no resulte obscena, no, lo más sorprendente de este dúo es su capacidad de síntesis estética. Cómo pueden pasar de Bach al impresionismo, de éste a la música de cine mudo y al expresionismo después, de la figuración a la difusión formal o percusiva en las cuerdas, de la tensión aristada al llanto sostenido... Una de las razones por las que la Música Contemporánea está como está es porque hay autores que pueden hacerla sin leer, sin petulancia, con frescura. Jesús Gonzalo, © Cuadernos de Jazz, octubre - 2013
Based in New York, Swiss pianist Sylvie Courvoisier and violinist (and Chicago native) Mark Feldman have long been one of improvised music's most dynamic couples. They're remarkable technicians who routinely erase lines between jazz and contemporary classical music while never limiting their curiosity in terms of style or discipline. Over a series of diverse quartet recordings they've occasionally embraced swinging, propulsive, and even raucous rhythms, especially on their 2013 album with bassist Scott Colley and drummer Billy Mintz, Birdies for Lulu (Intakt). Throughout, Feldman's exquisite tone and refined phrasing have remained undiminished, as has his telepathic communication with Courvoisier. This week the duo make a rare local performance in which their interests in both composition and pure improvisation will be highlighted. The duo's superb 2013 album Live at Théàtre Vidy-Lausanne (Intakt) covers lots of territory, sometimes within a single piece: Feldman's "Five Senses of Keen" is an episodic gem with an expansive reach that includes some dazzling international influences, from Romani-like strumming inside the piano to baroque violin ornamentation that suggests the Indian Dhrupad vocal tradition. The album also includes four bracing improvisations that collectively are another testament to the simpatico musical bond between Courvoisier and Feldman: the elegant push and pull make knowing what's written and what's not seem irrelevant. Courvoisier will also play solo and discuss her work with Ken Vandermark on Monday night at Experimental Sound Studio at 7:30 PM.
Marc Chénard, La Scena Musicale, Jun-Aug 2018
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