Studiobesuch

Auf einem Streifzug den Broadway hoch begegnet uns ein drahtiger älterer schwarzer Herr mit Käppi, dünnen Rastalocken, riesiger Sonnenbrille und ganz exquisit gekleidet. Er ist in sich gekehrt, rezitiert und raunt aber seltsame Verse in einer geheimnisvollen Sprache beim Gehen. Erst als wir schon längst an ihm vorbei sind, dämmert es mir: I think I saw Cecil Taylor. Jeffrey Lewis hatte schon recht. In Downtown Manhattan muss man nur lang genug herumlaufen, bis einem irgendeine Berühmtheit über den Weg läuft. Allerdings muss man sie auch erkennen.

Am Nachmittag Besuch in Brooklyn im Trout Studio, einem flachen Industriebau an der 3rd Avenue, wo Elliott Sharp, Melvin Gibbs und Lucas Niggli mit Aufnahmen beschäftigt sind. Ein neues Album soll entstehen. Als wir eintreffen, ist das meiste bereits im Kasten. Die drei haben schon morgens um 10:30 begonnen. Das Studio ist auf ‘Vintage’-Aufnahmen spezialisiert und mit exquisitem Equipment ausgestattet – keine Digitalgeräte von der Stange. Der Toningenieur erzählt, dass hier von John Zorn über Anthony & The Johnsons bis zu Joan As A Police Woman schon viele Einspielungen gemacht haben.

Es wird zuerst auf Band aufgenommen, was dann in den digitalen Mischpult eingespeist wird. Was zu Ohren kommt, hört sich äußerst vielversprechend an: ein mächtiger Sound aus weit hinaussegelnden Gitarrenklängen, treibendem Schlagzeug und einem wuchtigem Baß, der – im Gegensatz zum Konzert am Vorabend – endlich richtig zur Geltung kommt.

Christoph Wagner

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