Auf Hidden Heartache (Intakt CD 419, 2XCD) spielt SIMONE KELLER, die schon im Kukuruz Quartet Julius Eastmans 'Evil ****', 'Buddha' & 'Gay Guerilla' dargeboten hat, von ihm 'Piano 2', das vergeblich sehnt und sucht, einsam vekümmert und mit Staccato und nochmal empor strebender Sehnsucht dagegen anhämmert. Neben 'Good Morning Heartache' von Irene Higginbotham (1918-1988), das Billie Holiday 1946 sang (hier wird es mit gestopfter Posaune angestimmt und kehrt als Hidden Tracks 5x variiert wieder), und Stücken von Ruth Crawford Seeger (1901-1953), der Thurgauer 'Traum-Dichterin' Olga Diener (1890-1963), Julia Amanda Perry (1924-1979) und von Lil Hardin Armstrong (1898-1971) 'Four Famous Standards: Just for a Thrill, Bad Boy, Oriental Swing, Struttin' with Some Barbecue', im berührenden Arrangement mit Fagott, Klavier und Toypiano. Als vergessene oder zu wenig gewürdigte Vorläuferinnen von Julie Herndon (*1986) und Cristina Janett (*1986), die eine präsent mit 'Mirrors' als helldunkel tremolierendem Geflimmer, die andre hintersinnig mit 'Richtig Schottisch'. Als Geistesverwandte für Jessie Cox (*1995) und sein 'Black/blackness: After Mantra(s)' als bis 9 angezähltem Ab- und Aufstieg einzelner Noten und rumorend, harfend, klirrend hallender Akkorde. In Korrespondenz mit der grüblerischer Melancholie abgerungenen Schönheit und Vitalität von 'Basalt' & 'Blau' für Oud von Abathar Kmash (*1987) ebenso wie mit Jessie Marino (*1984) und ihrem elegisch tastenden, doch nicht hoffnungslosen 'Slender Threads', das von Perrys 'Prelude' infiziert ist. Keller verdichtet da 100 Jahre zu 100 Minuten, als zugleich - durch Homophobie
Frauenmissachtung, Rassismus, Homophobie - schmerzensreichen und - musikalisch - glorreichen pianistischen Rosenkranz. Als Sympathiebekundung und Würdigung von Komponistinnen ohne Zugang zum 'Club der weißen Männer', schwulen Außenseitern wie Eastman, Migranten wie Kmash, der 2016 aus Syrien nach Deutschland floh, wie Cox als afrofuturistischem Alien in der Schweiz. [BA 123 rbd]