Jürgen Vonbank, der im Salzburger Jazzit seit kurzem die jahrzehntelange verdienstvolle Programmarbeit von Andreas Neumayer fortführt, hatte das Publikum in seiner Ansage extra vorgewarnt: Die Musik von Shimmer Wince sei >>anfangs vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig<<. Der Grund: Die kanadische Tenorsaxophonistin und Flötistin Anna Webber komponiert für dieses Ensemble nach dem Prinzip der >>Just Intonation<«, einem alten, auf reinen Obertönen basierenden System, dessen daraus resul-tierende Intervalle für unsere durch die wohltemperierte Stimmung konditionierten Ohren ungewöhnlich klingen mögen. Zu-sammen mit Trompeter Adam O'Farrill, dessen Brillanz und Musikalität jede Band besser klingen lassen, baut Webber einen permanenten Informationsstrom auf, den Mariel Roberts am Cello mit ihren zumeist gestrichenen Linien weiter verdichtet. So entstehen komplex strukturierte Klangflächen, melodische Verflechtungen, unter denen Lesley Mok aber scharfkantige Grooves aus dem Schlagzeug meißelt, die der Musik ein enormes Momentum verschaffen. Häufig spielen alle Musiker gleichzeitig, wobei Elias Stemeseder am Synthesizer teils eine Art Bassfunktion erfüllt, teils am ehesten das Ohr herausfordernde Sounds beimischt. Wo ein Instrument solistisch in den Vordergrund tritt, scheint dies eher die bis dahin etablierte Stimmung fortzuführen. Trotz oft sehr hoher klanglicher Ereignis-dichte wirkt das Ergebnis insgesamt eher mitreißend und faszinierend als verstörend. Vielleicht ist der Jazz (oder Kunst im Allgemeinen) ja manchmal dann am überzeugendsten, wenn er das Innovative nicht ostentativ herausstellt, sondern selbstverständlich erscheinen lässt.