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Independent music since 1986.
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419: SIMONE KELLER. Hidden Heartache (Double Album)

Intakt Recording #419 / 2024

Simone Keller: Piano
Abathar Kmash: Oud
Valeria Curti: Bassoon
Michael Flury: Trombone
Philip Bartels: Arrangements & Toy Piano

Recorded on October 1 and 2, 2022, at Stadthaus Winterthur, Switzerland.

Original price CHF 17.00 - Original price CHF 39.00
Original price
CHF 39.00
CHF 17.00 - CHF 39.00
Current price CHF 39.00
Format: Compact Disc
More Info

Hidden Heartache – 100 Minuten Klaviermusik aus den letzten 100 Jahren im Kontext gesellschaftlicher Ungleichheits- und Machtverhältnisse. Die Schweizer Pianistin Simone Keller ist mutig und furchtlos. Sie hat einen Blick fürs Wesentliche und für die grossen Themen der Zeit. Hidden Heartache ist Selbstporträt und Hommage zugleich, an dessen Anfängen sich Simone Keller die Frage stellt, welche Klaviermusik der letzten 100 Jahre stärkere Beachtung finden sollte. „Es wird rasch klar, dass es Tausende von Stunden nicht gehörter und nicht gespielter Werke von unterrepräsentierten Komponist*innen gibt. Die Auswahl, die die ich schliesslich getroffen habe, ist sehr persönlich geprägt und eng verbunden mit meiner pianistischen Tätigkeit. Es war mir aber auch sehr wichtig, dass Hidden Heartache nicht nur historische Positionen versammelt, sondern zudem aktuelle Kompositionen präsentiert, die verschiedene Perspektiven auf gesellschaftliche Differenz- und Machtverhältnisse aufzeigen und der Musik von Julius Eastman und Julia Amanda Perry zugleich Reverenz erweisen. Diese neuen Werke der beiden Schweizer*innen Jessie Cox und Cristina Janett und der beiden Amerikanerinnen Julie Herndon und Jessie Marino sind in einer direkten Kollaboration mit mir entstanden“, schreibt Simone Keller.

Album Credits

Cover art: Jungle Books.
Graphic design: Jonas Schoder.
Liner notes: Franziska Buhre.
Photo: Palma Fiacco

Recorded on October 1 and 2, 2022, at Stadthaus Winterthur, Switzerland, by Michaela Wiesbeck. Mixed and mastered by Michaela Wiesbeck.

Customer Reviews

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W
Wolfgang Gratzer
Jazz Podium Magazine

Hundert- und tausendfach Ge-hörtes weicht hier Vergessenem, Verdrängtem. Die anhaltende Entdeckerfreude von Simone Keller führt nun zu einer Dop-pel-CD der Schweizer Pianistin mit randvoll bespielter Klavier-und Kammermusik. Diese ent-stand in den letzten gut hundert Jahren, darunter Werke in jazz-affinen Bezirken: Ruth Crawford Seegers erstaunlicherweise bereits 1930 entstandene »Pia-no Study in Mixed Accents« verblüfft mit raffiniert-synkopi-schem Galopp, während Lil Harding Armstrong noch vor 1957 einen »Oriental Swing« komponierte. Dramaturgisch überzeugend kombiniert finden sich Stücke aus der jüngeren Vergangenheit - alles keine Pe-titessen, sondern Stücke, deren Spielen und Hören lohnt. Keller pflegt eine Pianistik mit sympathisch hoher Anschlags- und Phrasierungskultur, ihr gleich wirken die Fagottistin Valeria Curti und Oud-Spieler Abathar Kmash mit. Auch nicht alltäg- lich: Arrangeur Philipp Bartels nimmt sein Toy Piano in Betrieb, während sich Posaunist Michael Flury jeweils am Ende der bei-den Platten in hidden tracks mit Variationen von Irene Higginbo-thams »Good Morning Heart- ache« (1946) bemerkbar macht. Eine höchst lohnende, kurzwei-lige Reise ins Unbekannte.

D
Dorothea Gängel
Jazz'N'More Magazine

Die Schweizer Pianistin Simone Keller absolvierte ihre Ausbildung an der Zürcher Hochschule der Künste und pflegt als Solistin und Kammermusikerin ein sehr breites Repertoire in der klassischen und modernen Musik bis hin zu experimentellen und interdisziplinären Formaten. Sie gab bereits unzählige Konzerte in der Schweiz sowie in vielen anderen Ländern in Europa, den USA und Asien. Als die Kulturstiftung des Kantons Thurgau ihr die Carte blanche verlieh, eine Publikation in der Reihe Facetten zu entwickeln, setzte sie sich zum Ziel, strukturell benachteiligte Komponistinnen und Komponisten aus der Vergessenheit zu holen und hörbar zu machen. So entstand das Doppel-Album "Hidden Heartache"
- 100 Minuten Klaviermusik aus den letzten 100 Jahren im Kontext von sozialer Ungleichheit und ungleichen Machtverhältnissen. Die Auswahl der Stücke ist sehr persönlich und eng mit ihrer eigenen pianistischen Tätigkeit verbunden. Gemeinsam mit Valeria Curti am Fagott, Michael Flury an der Posaune und Abathar Kmash am Oud interpretiert sie Werke von Komponistinnen wie Ruth Crawford Seeger, Julia Amanda Perry und Irene Higginbotham - herausragenden Künstlerinnen, deren Talente trotz ihrer Brillanz kaum Beachtung fanden. Ein erfrischend experimentelles Projekt, das zum genauen Hinhören, tiefen Eintauchen und intensiven Erleben einlädt.

T
Thomas Meyer
Schweizer Musikzeitung

«100 minutes of piano music from the last 100 years in the context of social inequality and unequal power relations» verspricht die Doppel-CD der Thurgauer Pianistin Simone Keller. Entstanden ist eine höchst heterogene und diverse Anthologie mit strukturell benachteiligter Musik von Komponistinnen und People of colour, vor allem aus den USA und der Schweiz. Ungleichheit in der Musikgeschichte ist ein brisantes Thema, nur hört man sie den einzelnen Stücken natürlich nicht an. Denn wenn sie so wunderbar interpretiert werden wie hier, fragt man sich wieder einmal, was denn da alles schiefgelaufen ist.
Einige Persönlichkeiten wie Ruth Crawford Seeger oder zuletzt auch Julius Eastman gehören zwar mittlerweile in jeden Grundkurs für neuere Musik. Anderes aber ist zu entdecken, etwa die St. Galler Dichterin und Komponistin Olga Diener (1890–1963), deren Texte Hermann Hesse als «viel zu sehr Traum und viel zu wenig Dichtung» umriss. Ihre «Geheimsprache», so Hesse auch, spricht aber gerade heute wieder durch ihre eigenartigen Wendungen.
Es ist, trotz des Backgrounds, keine aufrührerische, sondern eine eher ruhige Anthologie geworden. Auch Neues ist darunter: das sich langsam entfaltende Stück Black/blackness: After Mantra(s) für Klavier und Elektronik von Jessie Cox, das Fragen der Klimakrise berührt. Oder aber ein Richtig Schottisch der aus der Volksmusikerfamilie stammenden Cristina Janett. «Die Volksmusik mit ihren vielfältigen Einflüssen entdeckte ich viel später», schreibt die aus einer Bauernfamilie stammende Pianistin Keller, «und es wurde mir erst in der Zusammenarbeit mit Cristina Janett bewusst, wie sehr sie Teil meiner Identität ist.» Gerade solche Bewusstwerdungsprozesse sind hier zentral.
Schliesslich ist da die Komponistin Irene Higginbotham (1918–1988), bekannt oder eben kaum bekannt dafür, dass sie den Song Good Morning Heartache für Billie Holiday schrieb. Dreimal taucht er in diesem Album auf und gibt ihm den Titel wie auch einem Buch, das Simone Keller doppelsprachig deutsch/englisch herausgegeben hat. Es enthält nicht nur weiterführende Texte zu den Kompositionen, sondern erhellt auch den soziokulturellen Hintergrund, vor dem sie entstanden, und führt gleichzeitig darüber hinaus in unsere Zeit. Die Fragen, die hier scheinbar sanft gestellt werden, sind dringend.

https://www.musikzeitung.ch/rezensionen/tontraeger-rezensionen/2024/05/simone-keller

R
Rigobert Dittmann
Bad Alchemy Magazin

Auf Hidden Heartache (Intakt CD 419, 2XCD) spielt SIMONE KELLER, die schon im Kukuruz Quartet Julius Eastmans 'Evil ****', 'Buddha' & 'Gay Guerilla' dargeboten hat, von ihm 'Piano 2', das vergeblich sehnt und sucht, einsam vekümmert und mit Staccato und nochmal empor strebender Sehnsucht dagegen anhämmert. Neben 'Good Morning Heartache' von Irene Higginbotham (1918-1988), das Billie Holiday 1946 sang (hier wird es mit gestopfter Posaune angestimmt und kehrt als Hidden Tracks 5x variiert wieder), und Stücken von Ruth Crawford Seeger (1901-1953), der Thurgauer 'Traum-Dichterin' Olga Diener (1890-1963), Julia Amanda Perry (1924-1979) und von Lil Hardin Armstrong (1898-1971) 'Four Famous Standards: Just for a Thrill, Bad Boy, Oriental Swing, Struttin' with Some Barbecue', im berührenden Arrangement mit Fagott, Klavier und Toypiano. Als vergessene oder zu wenig gewürdigte Vorläuferinnen von Julie Herndon (*1986) und Cristina Janett (*1986), die eine präsent mit 'Mirrors' als helldunkel tremolierendem Geflimmer, die andre hintersinnig mit 'Richtig Schottisch'. Als Geistesverwandte für Jessie Cox (*1995) und sein 'Black/blackness: After Mantra(s)' als bis 9 angezähltem Ab- und Aufstieg einzelner Noten und rumorend, harfend, klirrend hallender Akkorde. In Korrespondenz mit der grüblerischer Melancholie abgerungenen Schönheit und Vitalität von 'Basalt' & 'Blau' für Oud von Abathar Kmash (*1987) ebenso wie mit Jessie Marino (*1984) und ihrem elegisch tastenden, doch nicht hoffnungslosen 'Slender Threads', das von Perrys 'Prelude' infiziert ist. Keller verdichtet da 100 Jahre zu 100 Minuten, als zugleich - durch Homophobie

Frauenmissachtung, Rassismus, Homophobie - schmerzensreichen und - musikalisch - glorreichen pianistischen Rosenkranz. Als Sympathiebekundung und Würdigung von Komponistinnen ohne Zugang zum 'Club der weißen Männer', schwulen Außenseitern wie Eastman, Migranten wie Kmash, der 2016 aus Syrien nach Deutschland floh, wie Cox als afrofuturistischem Alien in der Schweiz. [BA 123 rbd]