


259: SARAH BUECHI. Shadow Garden
Intakt Recording #259/ 2015
Sarah Buechi: Voice
Stefan Aeby: Piano
André Pousaz: Double Bass
Lionel Friedli: Drums
More Info
Das Schwierige in ein Leichtes verwandeln. Das Fest gefügte in ein Fließendes. Schwer lastende Fragen in flirrende und tanzende Bilder. Follow your heart. Wegsuche, unablässiges Weitergehen. Mit Sarah Buechi im Shadow Garden - der zweiten CD der Schweizer Sängerin mit ihrer eigenen Gruppe. Bert Noglik schreibt in den Liner Notes: «Das Spektrum der Songs reicht von balladesken Stimmungen bis zu expressiven Steigerungen, von schlichten Liedern im Volkston bis zu verschachtelten Gesangseskapaden, von gelassenen, melancholischen oder euphorischen Weltbetrachtungen bis zu rockrhythmischer Intensität. Oft wird lyrisch reflektiert, mitunter auch erzählt, als säße jemand direkt gegenüber. Federnden Schrittes bewegt sich Sarah Buechi auf die großen Themen zu. Sie umkreist Existentielles mit poetischen Texten und findet sich wieder in einem Strom aus Worten, Vokalisen, Klängen und Rhythmen. Umgeben von der Band, von ihrer Band, die so nur für sie und mit ihr zusammenkommt. »
Album Credits
Graphic design: Jonas Schoder
Photos: Michelle Ettlin
Liner notes: Bert Noglik
All songs and lyrics by Sarah Buechi. Recorded May 11, 12, 13, 2015, at Hardstudios Winterthur by Andy Neresheimer. Recording producer: SRF Kultur, Sarah Buechi and Susanne Abbuehl . Mixed and mastered at Abhörraum Berlin by Martin Ruch, Sarah Buechi and Susanne Abbuehl.
Faszinierende Song-Dramaturgien
Eine Schublade zu finden, in die sich die Musik der Sarah Buechi einordnen las- sen könnte, ist unmöglich. Die Sängerin, die jetzt im Villinger Jazzkeller zu erleben war, hat ihre ganz eigene Sicht der Dinge - und setzt die auch konsequent und mit eigener Handschrift um. Von melancholischer Gelassenheit bis zu expressivem Frohsinn beschreibt sie mit Worten, Lauten und Sounds ihre Welt und schafft einen Klangkosmos, der sich weitab von ausgetretenen Pfaden bewegt und das Publikum fasziniert mitnimmt. Überraschende Zwischentöne, viel- schichtige Rhythmen und filigranes Zusammenspiel zeichnet das Quartett der Luzerner Musikerin aus, die mit ihren 35 Jahren auf eine Fülle von Erfahrungen zurückblicken kann, die sie in ihre Musik einbettet. Das indische Bangalore oder das sangesfreudige Irland sind nur eigene der Stationen, in denen sie sich ihre Impulse holte.
Die sensiblen Klangbilder der Sängerin können wohl nur gemeinsam mit diesen Mitmusikern entstehen. Dazu gehören der feinfühlige Pianist Stefan Aebi und Bassist André Pousaz, aber auch Drummer Lionel Friedli, der mit perkussivem Feingefühl die mal volltönigen, mal lyrischen Vokalisen unterlegt.
Auch wenn bei diesem sehr eigenständigen Jazz durchaus intensives Zuhören gefragt ist, nimmt Sarah Buechi mit ihren Song-Dramaturgien das Publikum im Villinger Jazzkeller spielend gefangen
Sarah Buechi zu Gast im Jazzkeller
Die Sängerin zählt zu den interessantesten Jazzstimmen in Europa. Sie hat schon in Welt-Metropolen wie New York und London gespielt - nun kommt sie nach Villingen.
Sarah Buechi ist eine der interessantesten europäischen Sängerinnen. Sie gastiert am Samstagabend mit ihrem Quartett im Villinger Jazzkeller.
Sie kommt am Samstag, 3. Dezember, mit ihrem Quartett in den Villinger Jazzkeller. Indien, New York und London sind einige der Stationen in ihrem musikalischen Werdegang. Buechis facetten- und farbenreiche Stimme und ihre Songs entziehen sich der Kategorisierung. Sie studierte bei Lauren Newton und Susanne Abbühl, hat sich mit Steve Coleman auseinandergesetzt, war eineinhalb Jahre in Indien.
All ihre Erfahrungen bilden das Fundament ihrer feinen Musik, ihrer klangvollen Forschungsarbeit. Beeindruckend, wie sie nuancenreich zwischen Brust- und Kopfstimme changiert, langgezogene, überlagerte Sequenzen, schnelle Rhythmen, Text und Melodie verbindet und die einzelnen Stimmen des Quartetts zur gemeinsamen Sprache verschmelzen lässt. Dazu hat sie absolut passende Partner: Stefan Aeby (Piano), André Pousaz (Bass)und Lionel Friedli (Drums) spielen auf technisch hohem Niveau und äußerst sensibel. Das Konzert im Jazzkeller, Webergasse 5, beginnt um 21 Uhr, der Eintritt kostet 14 Euro.
Zwischen Licht und Schatten
Sarah Buechi Quartett mit eigenwilligen Texten
Lörrach. Die Schweizer Jazz- sängerin Sarah Buechi stellte am Freitag im Jazztone mit ihren Begleitmusikern das aktuelle Album Shadow Garden", Schatten-Garten, vor. Weitab von Mainstream einflüssen wagte sich das Quartett an einen gang zwischen Licht und Schatten, Sarah Buechi macht Musik der Zukunft", so beschrieb es die Neue Zür cher Zeitung (NZZ).
Mit dem nach Buechis Aus sage eher nachdenklichen Programm scheint sie tatsächlich zwischen der Gegen wart und weiter entfernten Sphären hin und herzupen deln und somit ihrer Zeit durchaus voraus zu sein. Die eigenwilligen Texte und die außergewöhnliche Musik wollen entdeckt werden und setzen Aufmerksamkeit bei den Zuhörern voraus. Viele Einflüsse, die die Luzernerin von ihren Reisen mitgebracht hat, werden dabei umgesetzt sowie die Themen des Le bens, die sie beschäftigen.
So fließen in ihre kunstvoll aufgebauten Stücke philosophische Fragen und Ansich Spazierten mit ein, die musikalisch fantasievoll mit den Texten verwoben sind. Mit Stefan Aeby (Piano), Andre Pussaz (Bass) und dem Drummer Lionel Friedli setzt die junge Sängerin mit dem starken Ausdruck zudem auf ein außerst versiertes und fantasvolles Team, das die hohe Kunst der dialogischen Interaktion feinsinnig beherrscht. Das wird durchaus von der freiheitsliebenden Komponistin gefördert. Sie schätzt diese Form der dion, die Jazzmusik bietet
und weniger festgelegt ist als im Klassik-oder Rockbereich. Und so lässt sie ihren Kollegen viel Raum zur Entfaltung, die sich immer in das Gesamtgefüge einzubetten versteht.
Zwischen rockigen Einflüs sen und nahezu meditativ wirkenden Phasen entsteht ein nicht homogenes Klanggewebe, das in seiner Vielfalt einige Ansprüche an die Zuhörer stellt. Wer sich aber auf diese Reise einlässt, erhält tiefe Einblicke in Gedankenspiele, die um die großen Themen des Lebens kreisen und sie aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten.
Greift das Stück lost and found" noch Werte wie Mut, Zuversicht und Lebensfreude auf, so wagt sich the apple" bereits auf einen ambivalen Kommunikaten und symbolbeladenen Trip der Erkenntnis", der vertraute Perspektiven aus den Angeln hebt. Auch die Idee aus dem Buddhismus, das Leben aus Illusion zu begreifen, findet mit Comfort of Illusions" einen Anker in einem Programm, das diese eigenwilli Stimme und eigenwilligen Verschmelzungen von Musik und Text als kleine Kunstwerke aneinander zu reihen versteht.
Musik für Kopf und Geist
Die Schweizer Vokalisten Sarah Buechi mit ihrer Band im Jazztone in Lörrach
Spannend, eigenwillig, anspruchsvoll: Es war eine Musik für Kopf und Geist, die Sarah Buechi mit ihrer Band am Freitag im Lörracher Jazztone spielte. Das Quartett präsentierte raffinierte Stücke, die luftig und fragil erklangen, lässig und entspannt und dennoch mit schrägen Rhythmen und gegen die Harmonik gebürsteten Einschüben Hörgewohnheiten aufbrachen. Alle Titel hatte Sarah Buechi selbst komponiert, ausformulierte Werke, die aber der glanzvoll interagierenden Band genügend Raum für Improvisationen ließen. In den Stücken, die auf den ersten Blick ganz relaxed wirkten, vibrierte eine flirrende Unruhe, eine Spannung, die fesselte.
„Nicht den leichten Weg gehen", war ein Interview mit Sarah Buechi in der Zeitschrift Jazz Podium überschrieben, und das trifft auf sie und ihre Musik durchaus zu. Aufgewachsen in einer Musikerfamilie im Kanton Glarus studierte die 34-Jährige an der renommierten Musikhochschule Luzern und brach von dort aus in die Welt auf New York, Indien, Ghana waren einige Stationen - und sammelt musikalische Einflüsse ein. Brachte sie in ihrem Debütalbum „Vidya Mani" indische Musik mit Jazz zusammen, steht sie mit ihrem jüngsten, im vergangenen Herbst veröffentlichen Album „Shadow Garden", dem die meisten Stücke entstammten, voll und ganz auf dem Fundament des Jazz.
Verschiedene Elemente spielen dezent aber auch hier hinein. Mal schwingt eine rockige Anmutung mit, mal könnte es fast als Neue Musik durchgehen, und auch die indischen Einflüsse sind noch spürbar. „Comfort of Illusions" begann mit dunklen Klängen und eingängiger Songstruktur, doch im weiteren Verlauf brach das Stück aus dem fließenden Sog aus. „Alive" startete mit einem leisen, verspielten Percussionsolo und nahm langsam Fahrt auf, „Shadow Play" war eine melancholische Ballade mit herrlichem Pianosoli.
Sarah Buechis Musik kam un- aufdringlich daher und erforderte Konzentration, war aber zugleich von enormer Intensität. Poetische, philosophische, anregende Texte gaben den Stücken einen zusätzlichen Reiz. Mit „Addictions" präsentierte sie ein Stück aus dem Album „Flying Letters", ein expressives, abstraktes Werk. „Das nächste Stück haben sie sich wirklich verdient", meinte sie danach und spielte das Liebeslied, „Irish Garden", das fast a-cappella, nur mit leisen, verfremdeten Pianotönen und einem zarten Kreischen der Becken begann, bevor die Band einsetze. Weich, ausdrucksstark und bisweilen energisch setzte Sarah Buechi ihre Stimme ein. Mit Stefan Aeby am Piano, André Pousaz am Bass und Lionel Friedli am Schlagzeug hat sie eine ausgezeichnete Band mitgebracht, mit der sie auch ihre CDs eingespielt hat. Alle sind glänzende Virtuosen, bestens aufeinander eingestimmt und lieferten einen exquisiten, transparenten Klang, der dem Gesang viel Raum ließ. Sarah Buechi ist eine faszinierende Stimme im Jazz des 21. Jahrhunderts und musikalisch absolut auf Höhe der Zeit.
The silken-voiced Sarah Buechi pins her colours to the mast in this memorable performance on Shadow Garden which features music as deliberately mysterious and mystical as the title. This is a fine studio recording that transcends the sterile environment of an acoustically perfect room and balances immaculate musicianship with raw power. Each whisper, hiss and scorching vocalastic twist and turn is immaculately captured and Buechi shows how her by digging deep she is able to establish that the soul is more important than the shape of the body in which it resides. She sounds vulnerable and introverted when she needs to be as in ‘Lost and Found’ and bold and extroverted in her approach to imaginary characters less defined by role-playing than by deep feeling and slow-burning intensity. If there are a few blips – some wavering tone, the odd frayed high note – the quality of the instrument and the singer’s artistry is never in doubt. The accompaniment of Stefan Aeby, André Pousaz and Lionel Friedli is informed by equal poise and concentration and reinforces Sarah Buechi’s minutely graded voice.
https://jazzdagama.com/music/intakt-tom-rainey-pierre-favre/
On “Shadow Garden,” vocalist and composer Sarah Buechi returns to the lush, sensual soundscape of her debut, reassembling the backing band of Stefan Aeby on piano, André Pousaz on double bass, and Lionel Friedli on drums. Album opener “Lost and Found” sets the tone early on. There’s a transparent sincerity to Buechi’s music, and she sings the refrain, “follow your heart, if you can,” as a naked plea. Admittedly, there is something refreshing about the earnestness (even though I, personally, don’t usually go for that sort of thing). Aeby, Pousaz, and Friedli leave plenty of space for Buechi to play with, and she skips up and down intervals before pausing for a lyrical solo from Pousaz.
There’s a skittering syncopation to “The Apple” that winds through Buechi’s story-like lyrics, a nod to the Biblical tale of the apple. Around the midpoint, things get super interesting, with Buechi and Aeby performing a simultaneous solo, with the two coming together on a melodic bridge. It’s the standout track, for precisely this run, a flat-out gorgeous couple of minutes where you can feel all four musicians really pushing the composition to its limit. These interludes, which recur on each piece, are the highlights of the album, undoubtedly. “Comfort of Illusions” features a breathier, more expansive solo from Buechi that really highlights the avant undercurrent of her technique. “Right Nor Wrong” hits its stride about halfway, when Friedli takes the lead with a nicely melodic drum solo that segues into another syncopated duo between Buechi and Aeby.
Overall, I wish the quartet would explore these collective improvisations more, there’s a lot of potential in them. Towards the end, there is a transcendent high note in “Irish Garden” that segues into a simmering middle section, with Aeby’s quiet piano groove under Buechi’s reflective lyrics. And you can hear, in moments like these, the rich collaboration being established with this quartet. I’m not entirely won over, but I’m definitely looking forward to their next album.
https://www.freejazzblog.org/2016/03/sarah-buechi-shadow-garden-intakt-2015.html
Sarah Buechi, trentaquattrenne cantante e compositrice di Lucerna, che definire cantautrice sarebbe un po' ardito, per quanto i brani siano tutti suoi, testo e musica, batte bandiera jazzistica nell'organico e nell'impianto della sua proposta, attraversando tuttavia territori che con la classica immagine della jazz singer non sempre hanno granché a che fare.
Tale dicotomia, se così la possiamo chiamare, si manifesta fin dalla prima coppia di brani, il primo più schiettamente jazzistico (con tanto di sviluppo strumentale in trio, persino un po' inamidato), il secondo decisamente più sulla sponda della canzone comunemente intesa.
Si procede lungo questo doppio binario (senza che i terreni rimangano così separati, per carità) nei pezzi che seguono, dando qua e là l'impressione di una certa ovvietà, ma con i brani che non di rado fanno registrare un colpo d'ala sul finire (capita in "Comfort of Illusions" e "Alive," per esempio), nel segno complessivo di un'ammirevole eleganza di tratto ("Shadow Play" e "Irish Garden," forse non a caso i due episodi che racchiudono il titolo dell'album, appaiono in tal senso gli esempi più significativi), fino a una pregevole ghost track finale che ha tutti i crismi del brano fatto e finito (dura del resto quasi sette minuti).
https://www.allaboutjazz.com/shadow-garden-sarah-buechi-intakt-records-review-by-alberto-bazzurro
Die Schweizer Komponistin und Sängerin Sarah Buechi ist mit ihren 34 Jahren weit in der Welt herumgekommen. Sie hat in Luzern bei Lauren Newton und Susanne Abbuehl Jazzgesang studiert, dann ging sie für über ein Jahr nach Bangalore in Indien, lernte dort die Finessen rhythmisch sich überlagernder Zyklen und der Mikrotonalität kennen; später bildete sie sich in New York weiter, ebenso in Kopenhagen, unterrichtete in Dublin und lebte in London. Mit den drei Schweizern Stefan Aeby, André Pousaz und Linonel Friedli an Flügel, Kontrabass und Schlagzeug hat sie eine bestens aufeinander eingespielte Working Band, mit der sie eine ganz persönliche Form eines sich selbst suchenden Kunst-Song-Genres aus dem freien Geist des aktuellen Jazz realisiert. Die klassische Chorus-Abfolge ist dabei aufgelöst, vielmehr ereignen sich die strophischen Vortrags-Abläufe der ambitionierten englischen Gedichte in variierend zyklischer Abfolge.
Die dichten, harmoniesatten Aktionen der Instrumentalisten mit oft deftig rhythmischer Vielschichtigkeit sind eng verzahnt mit den kehlig volltönenden und dann auch metallischen Vokalisen der Sängerin. Die bürstet die surrealistischen, manchmal etwas bedeutungsgründelnden Texte eigensinnig gegen den Sprachduktus. Das erzeugt eine faszinierend symbiotische Spannung, verbinden sich doch so kraftvoll patternhafte Formen aktueller Klaviertrio-Polyphonie innig mit einer seltenen weiblichen Stimmgewalt. Dies ist das Ergebnis der dramatischen Konzeption von Buechi, die für die Text-Musik-Kompositionen verantwortlich zeichnet. Ironischerweise allerdings ist der Hidden Track mit einem alten Schweizer Volkslied, dem Guggisberglied, der Titel mit dem größten Gänsehauteffekt.
https://www.rondomagazin.de/kritiken.php?kritiken_id=947
Die Unruhe im Atem
Die Sängerin Sarah Buechi stellt im «Moods» ihr drittes Album, «Shadow Garden», vor
Als wäre sie ausser Atem schon ganz zu Beginn, lässt die Jazzsängerin Sarah Buechi zunächst vor allem ihr Hauchen ertönen; und ein Flüstern. Da mögen sich serene Piano-Akkorde, vom Kontrabass gestützt, vom Schlagzeug animiert, breitmachen im Raum wie ein besonntes Panorama - die sonore Stimme, den vokalen Glanz gibt es bei Sarah Büchi, die in Luzern und Glarus aufgewachsen ist, aber schon durch die halbe Welt gezogen ist, nie als Selbstverständ- lichkeit. Und obwohl sich das Lied «Lost And Found>> eigentlich formal rasch verfestigt in der Kombinatorik einzelner Register, legt sich die Sängerin nicht hinein in das weiche Bett der Struktur. Vielmehr bleibt sie gesanglich unstet, unruhig. Das aber passt eben auch zu den Lyrics des Songs, den sie wie alle Stücke ihres dritten Albums, «Shadow Garden», selber komponiert hat. Die Rede ist hier vom Sich-Verlieren und -Wieder- finden. Und der Zweifel wird dabei auf kurze Frage-Formeln gebracht: «Shall I Stay?», «Shall I Fight?>>>
Die weiteren Songs sind in ihrer formalen Konsistenz, im Raffinement schräger oder ungerader Rhythmen zwar noch bündiger als der Auftakt. Aber abermals entzieht sich Sarah Buechi dem einfachen musikalischen Sog. Die in der Begleitung angetönte Geradlinigkeit konterkariert sie vielmehr durch ein luftiges, flattriges Singen, das an einen etwas überdrehten Sprechrhythmus angelehnt scheint und stets die Möglichkeit improvisierter Kapriolen in sich trägt.
So springen Laute und Silben nicht selten aus den Beats heraus, um vorauseilende Emphase zu markieren oder irrlichternde Inspiration. Zuweilen kün- den sich Gefühle im schwirrenden Anflug an, um dann im harmonisch-rhythmischen Spannungsfeld der Band an expressiver Vibrationskraft und Volumen zu gewinnen.
Unruhe und Verstörung erweisen sich so geradezu als Prinzip. Man wird beim Zuhören nie eingelullt; die Wech- selfälle von Trällern und Schwatzen, Jodeln und Klagen halten einen wach und alert. Dass Buechi dabei nicht in irgendwelchen Manierismen steckenbleibt, hat sie einerseits der hervorragenden Band mit dem Pianisten Stefan Aeby, dem Bassisten André Pousaz und dem Schlagzeuger Lionel Friedli zu verdanken: Transparent im Klang, geschmeidig im Interplay, lässt die Band dem Gesang viel Raum; aber sie unterwirft sich nicht. Das begleitende Trio fungiert insgesamt eher als eine Art verspielte Gegenstimme. Und zuweilen machen sich die Musiker selbständig in der solistischen Kür.
Andrerseits profiliert sich Buechi auch durch dramaturgisches Geschick. Denn kaum beginnt man sich doch nach einer etwas trägeren Ausdrucksweise zu sehnen, nach einem langsameren Flü- gelschlag der Musikalität, da wird ihr Atem doch allmählich ruhiger. Und sie spielt nun auch mit lange ausgehaltenen Tönen: So mündet das Stück «Shadow Play» in eine lange ausgehaltene Note Und auf die gleiche Weise beginnt das darauffolgende «Right Nor Wrong>».
Die Vokalistin führt ihre Arbeit mit der phantastischen, sensiblen und perfekt auf sie eingestellten Rhythmusgruppe weiter: Stefan Aeby und André Pousaz bewiesen auch schon bei Lisette Spinnler, wie fein sie Fäden aufnehmen, weiterspinnen und selbst Akzente setzen können, und Lionel Friedli fiel schon vor Jahren im wunderbar queren Trio Vera Kappelers als eigenständiger und vifer Drummer auf. So erhält Buechi grösstmöglichen Support. Ihre Mitmusiker wissen in jedem Moment, was geschieht, wir hören ein sehr transparentes Quartett, das in sich stimmt und Jazz in seiner Breite ausloten kann - bis hin zum traurigen, in Moll gehaltenen uralten Guggisberglied.
Es ist eine "atemraubend ruhige" Platte: Songs, die auch in schnellen Rhythmen Mitte haben und Dringlichkeit, Lieder, die sein müssen, eine Musik voller Leidenschaft, leicht und tief, mit all ihren Überlagerungen wirkt sie unmittelbar und spontan. Buechis Stimme trägt in jedem Augenblick, vom Hauchen und Hecheln bis zum langgezogenen Ton, im Wechsel von Brust- und Kopfstimme. Sie hat von Lauren Newton und Susanne Abbuehl, von Steve Coleman gelernt. New York, Bangalore und Accra, Dublin und Kopenhagen sind zentrale Stationen ihres Werdegangs. Ihr Interesse reicht weit über die Musik hinaus Philosophie, Religionen, Wissenschaft, Geschichte, das Menschsein in einem ganzheitlichen Sinn und spiegelt sich in ihren Texten. Die Neugier ist ein Motor ihrer Musik, der Ursprung dafür, sich forschend auf etwas einzulassen, auch wenn es zuerst abschreckt. Wenn Buechi "let me try to step out of my comfort zone" singt, ist dies keine Floskel, sondern gehört zum Kern ihrer Musik. Sie ist bereit, ein Wagnis einzugehen, ohne die Sicherheit des Gelingens: hinausgehen, ausprobieren, sich einlassen, riskieren. So lebt sie ihre Musik. Auch der Drummer Christoph Haberer, 1951 in Donaueschingen geboren, der ein ansehnliches elektronisches Equipment in seine Perkussion integriert, ist ein Weltreisender in Sachen Musik und "als wacher Geist schätzt er die Stringenz der Struktur" (Hentz). Mit Buechi verbinden ihn Indien und Experimentierfreude. Er arbeitete mit Ramesh Shotham und Trilok Gurtu, die Sängerin studierte eineinhalb Jahre in Indien. "Animata" ist aus einem Auftragswerk Haberers für ein Quartett hervorgegangen und eine klar strukturierte Musik mit Improvisationsraum. Im Duo bildet Buechis vielfarbige Stimme einen idealen, abwechslungsreichen Gegenpol zum oft orchestral, aber sehr flexibel eingesetzten Perkussionsinstrumentarium Haberers. Eine gute Mischung.