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Unabhängige Musik seit 1986.
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390: BUECHI – HELLMÜLLER – JERJEN. Moon Trail

Intakt Recording #390/ 2022

Sarah Buechi: Voice
Franz Hellmüller: Guitar
Rafael Jerjen: Bass


Ursprünglicher Preis CHF 12.00 - Ursprünglicher Preis CHF 30.00
Ursprünglicher Preis
CHF 30.00
CHF 12.00 - CHF 30.00
Aktueller Preis CHF 30.00
Format: Compact Disc
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 „Sie macht die Musik der Zukunft“, titelt der Zürcher Jazzkritiker Manfred Papst in einem umfangreichen Portrait über die Sängerin Sarah Buechi. Die Sängerin hat in Amerika, Irland, Ghana und Indien verschiedenste Arten von Musik studiert, um Songwriting, World und Jazz auf eine höchst persönliche Weise weiterzuentwickeln, wobei die Balance von Komposition und Improvisation zentral ist. Mit «Moon Trail» stellt sie ihr neues Trio vor. “Ein starkes gemeinsames Gefühl und die Freiheit im Umgang mit dem Material sind die Essenzen, die das Trio sowohl aus Jazz und Volksmusik als auch anderen globalen Musiktraditionen zieht. Virtuosität wird nie ihrer selbst willen vorgeführt. Vielmehr ist sie die darunterliegende, pulsierende Energie, die ein freieres Spiel der Bezüge und Verweise ermöglicht, ein musikalisches Geflecht, das durch Leichtigkeit und Variabilität gekennzeichnet ist. Hierin zeigt das Trio das Potential, einen neuen Standpunkt in der Jazz- Musik zu setzen, einen musikalischen Goldenen Schnitt,” schreibt Luise Wolf in den Linernotes.

Album Credits

Cover art: Conor O’Donnell
Graphic design: Jonas Schoder
Photo: Simon Villiger
Liner notes: Luise Wolf

Recorded August 9, 2021, at the Zoo Studio Bern by Felix Wolf. Mixed and mastered in June 2022 by Hannes Kumke. Photo: Simon Villiger. Produced by Buechi/Hellmüller/Jerjen and Intakt Records. Published by Intakt Records, P.O. Box, 8024 Zürich, Switzerland.

Customer Reviews

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D
Dario Friberg
Jazz'N'More Magazine

In einer warm gestimmten Zurückhaltung erklingt das erste Album des neu geformten Trios Buechi, Hellmüller, Jerjen. Mit Einflüssen unterschiedlicher Musiktraditionen aus Amerika, Westeuropa, Afrika oder Indien wird in einem harmonischen und virtuosen Dialog ausgedrückt, was Musik sein kann. Ohne Vordergründigkeiten bewegt sich Moon Trail in klassisch traditionellen Ansätzen, die in freie Improvisationen ausschweifen, und mündet in ein ausgereiftes Wechselspiel zwischen Form und Figur. Mit Instrumentalsilben und Stimmlauten wird ein freier poetischer Raum geschaffen, dem eine klare dramaturgische Synergie von Leichtigkeit beiwohnt. Das Volkslied "Le vieux chalet" mit indischem Hauch oder "Ukunda" von afrikanischer Wärme weisen auf den breiten musikalischen Rahmen hin, der immer wieder aufgebrochen wird. Es wäre schön, in Zukunft mehr von dieser spannenden Konstellation zu hören. Die abendteuerliche Reise in den nächtlichen Bahnen der Musikwelt ist ein überraschender und vielfältiger Start, der bei Intakt zu Hause ist und das Jahr würdig abrundet.

J
Jodok Hess
SRF Radio

Die Überraschung des Jahres
«Moon Trail» von Buechi, Hellmüller, Jerjen: Die Sängerin Sarah Buechi ist eine Wundertüte. Nach einigen tollen Quartett-Alben nahm sie im ersten Coronaherbst mit grossem Orchester «The Paintress» auf. Kaum haben wir uns an dieser neuen Farbpalette erfreut, erscheint mit «Moon Trail» eine neue Klangwelt, dieses Mal im Trio mit Bass und Gitarre.

Die grösste Überraschung ist dabei, was Sarah Buechi mit dem Material anstellt: Der Standard «I Thought About You» führt durch schmerzhafte Zerrissenheit und endet am Schluss doch versöhnlich.

«Moon River» umtänzelt die existentielle Erfahrung der eigenen Vergänglichkeit, und «Le vieux chalet» (Florian Favre lässt grüssen) bekommt nochmals eine ganz andere Färbung. «Moon Trail» macht mondsüchtig.

https://www.srf.ch/kultur/musik/kultur-jahresrueckblick-2022-jazz-alben-2022-volltreffer-und-ein-fehlschlag?fbclid=IwAR3ovLyNMAWSgcNjksTtDnHt9tQOKGHcgURjlzfEyqlilVjUWTqRCEtw84Q&ns_source=mobile

W
Wolfgang Gratzer
Jazz Podium Magazine

Mit mehreren Gesangskulturen vertraut, sorgte ihre Stimme schon für einige Überraschungen. Nach dem letztjährigen Ausflug in orchestrierte Welten (>>The Paintress<<) wechselt Sarah Buechi mit neuer Besetzung zurück ins Trio-Metier. Im Berner Zoo Studio machten sich überwiegend ruhige, balladeske Stimmungen breit, ausgestaltet mit erfahrenen Partnern: Franz Hellmüller (Gitarren) und Bassist Rafael Jerjen (Kontrabass) spulen die neunteilige Setlist nicht routiniert ab, sondern gehen mit Buechis beweglichen Vokallinien sensibel mit - oder forcieren im passenden Moment. Neben Traditionals profitieren auch eigene Songs von der improvisatorischer Initiative der Beteiligten. Das kooperative Grundverständnis kommt u.a. Buechis >>Mama Tree<< und Hellmüllers vergleichsweise zügigem >>Ukunda<<-Thema zugute. Der vom Schweizer Joseph Bovet (1879-1951) verfasste Text des alten Volksliedes >>Vieux Chalet<< erzählt von Trauer um eine zerstörte Almhütte und dem Mut, Neues entstehen zu lassen. Buechi, Hellmüller und Jerjen berühren, sie lassen sich auf diese sinnbildliche Geschichte ein, als wäre es ihre eigene.

H
Hiroki Sugita
Japan Jazz

革新性を志向するスイス人歌手が新トリオをお披露目

2014年の初リーダー作を皮切りに、Intaktで4タイトルを制作。直近の2枚はピアノ・トリオだったが、今作は趣向を変えて2人の弦楽器奏者と合体。選曲も各メンバーの自作、スタンダード, トラディショナルと変化をつけたのが特色。ギターの音色がフルアコ系である点を含めて正統的な音作りの①、一転して挑戦的なアプローチの②,3人のアンサンブルが味わい深い④、器楽的歌唱がトリオ表現の幅を広げた⑤と進行。スイス民謡⑨に至る、ブエチが獲得した新基軸。

T
Tobias Grader
Bieler Tagblatt

In Indien sah sie den «Abestärn»

Sie lebte und lernte auf vier Kontinenten. Mit ihrem Trio spielt sie Eigenkompositionen und findet neue Farben für Standards und Schweizer Volkslieder: Morgen tritt Sarah Buechi in Biel auf.

Wenn in der Presse von der Sängerin Sarah Buechi die Rede ist, greifen die Schreibenden gerne zu Superlativen. <», urteilte etwa der Zürcher Jazzkritiker Manfred Papst in der <> veröffentlicht. Es ist ein denkbar grosser Kontrast zur ihrer letzten Produktion: Für <>> von 2021 hat sie ihr Septett Contradiction of Happiness (in dem mit Vincent Membrez und Lionel Friedli auch zwei Bieler spielen) mit dem Kammerorchester der Jena Philharmonic vereint. Der voluminöse Klangkörper spielte Buechis Kompositionen, die sich zwischen Jazz, Pop, Weltmusik und klassischer Musik bewegten. Hatte sie nun also Lust, zu einer sehr reduzierten Form zurückzukehren?

Das wäre nicht präzis ausgedrückt. <», sagt Sarah Buechi. Zwar sei die Arbeit für <> für sie als Komponistin eine grosse Herausforderung gewesen, sei es doch auch darum gegangen, das Orchester im Jazz möglichst flexibel einzusetzen. Aber das Wirken im Trio sei nicht zwingend mit weniger Arbeit verbunden. Buechi illustriert dies mit der Notation der Musik: Benötigt ein Stück mit dem Orchester eine 30-seitige Partitur, so füllen die Anweisungen für ein Lied im Trio bloss eine Seite. <>>>

Lernen in Ghana und Indien

Sarah Buechi geht es darum, <<<>: <>> Die Stimme ist sozusagen das dritte Instrument, und dies nicht nur in jenen Passagen, in denen Buechi improvisiert.

Das Material, mit dem Buechi/Hellmüller/Jerjen dies de monstrieren, ist vielfältig. Auf <> finden sich Eigenkompositionen ebenso wie Standards aus dem Great American Songbook und Schweizer Volkslieder. Im Gespräch mit Manfred Papst sagte sie 2014, sie habe nichts gegen die Neuinterpretation bestehenden Materials, doch im Zentrum stehe für sie die eigene Kreation. Diesem Credo ist sie nicht etwa untreu geworden, wenn sie nun Stücke wie «Moon River>> darbietet, das Lied, das Audrey Hepburn im Film <«Breakfast at Tiffany's» singt. Denn: «Wenn ich einen Standard interpretiere, muss ich musikalisch so weit sein, dass ich Neues anvisieren kann.>> Ihr und ihren Mitmusikern geht es nicht darum, ein berühmtes Stück zu kopieren, sondern für dieses ein neues Klangbild zu entwerfen. Das gilt jedoch besonders für den Gesang: «Ich will nicht klingen wie irgendein berühmtes Vorbild. Sondern ich will einfliessen lassen, was ich entwickelt habe bis jetzt. Es muss eine Quintessenz sein.>>> Der Elemente, die Sarah Buechi einflechten kann, sind viele. Von Haus aus ist sie von klassischer Musik geprägt: Der Vater ist Klavierlehrer und Komponist, die Mutter Sängerin, Organistin und Chorleiterin, die kleine Sarah Buechi begann im Alter von fünf Jahren mit dem Violinenspiel. Später spielte sie Gitarre und versuchte sich in Pop- und Rockbands, bevor sie den Jazzgesang für sich entdeckte. Ihr weiterer Weg führte sie an Stationen in aller Welt, sie liess sich aus ganz verschiedenen Richtungen inspirieren und lebte und lernte in den USA, in Irland, England, Dänemark, Ghana und Indien. «Man könnte sich fragen, warum man so weit weggehen muss>», wirft Sarah Buechi selber ein, «aber ich habe gerade in Indien einen klareren Blick auf die Schweizer Kultur gewonnen und erkannt, wie sie auf mich abgefärbt hat -aber ich habe auch meinen Weg klarer gesehen.>>>

Ausloten, ohne zu zerstören

Und so spielen Buechi/Hellmüller/Jerjen etwa das Volkslied «Le Vieux Chalet» (Là-Haut sur la Montagne) ziemlich frei, mit einem Improvisationsteil, der im Original natürlich nicht vorkommt. Subtiler ist die Aneig nung im zauberhaften «Schönste Abestärn», wobei auch hier das Element der Improvisation eingeflochten ist. Es ist eine «feine Synthese», wie Buechi sagt: <> Übermässiger Respekt oder gar Ehrfurcht vor dem alten Liedgut stehen dem Trio zwar nicht im Wege, doch Sarah Buechi sagt gleichwohl: <>>>

Ein Stück wie <>>

Abstrakt ist die Musik auf <<> aber nicht. <<> groovt bluesend, das sphärisch-poetische <>>

Für Sarah Buechi heisst das: <>

M
Manfred Pabst
NZZ am Sonntag

Die gebürtige Luzernerin Sarah Buechi (*1981) hat sich in den letzten Jahren als höchst eigenständige Jazzsängerin profiliert, die auch Elemente der europäischen Klassik, der indischen Tradition und der einheimischen Volksmusik einbezieht, ohne ins Beliebige oder Gefällige abzudriften. Ihre Kompositionen und Adaptionen hat sie mit ganz verschiedenen Bands umgesetzt. Diesmal wählt sie ein kammermusikalisches Format: Auf dem Album «Moon Trail>> wird sie nur von Franz Hellmüller an der Gitarre und Rafael Jerjen am Bass begleitet.

Die beiden agieren empathisch und konzentriert. Von den neun Songs stammen zwei aus Buechis und je einer aus Jerjens bzw. Hellmüllers Feder; letzterer hat das afrikanisch inspirierte «Ukunda» beigesteuert. Die übrigen sind Standards oder Traditionals, doch die Sängerin geht sie sehr frei an: Sie scattet, improvisiert, singt sich bisweilen in Trance, findet aber immer wieder rechtzeitig zurück.

Auf <> einschwenkt. Besondere Aufmerksamkeit verdienen Sarah Buechis Annäherungen an zwei Schweizer Lieder: «Le vieux chalet» («Là-haut sur la montagne...») sowie «Schönster Abendstern».

P
Peter Rüedi
Die Weltwoche

Sarah Buechi, aufgewachsen im Kanton Glarus, ausgebildet in Luzern unter anderem bei grossen Lehrerinnen wie Lauren Newton und Susanne Abbuehl, lernte früh, dass ihre Heimat nicht weniger ist als die ganze Welt.

Sie studierte am Karnataka College of Percussion im südindischen Bangalore, in New York, wurde von Steve Coleman auf das Prinzip sich überlagernder rhythmischer Patterns aufmerksam gemacht und vertiefte das gleich an der Quelle, in Ghana. Sie lebte und lehrte in Dublin, in London, aber auch, zu avancierten Studien, in Kopenhagen. Solchem geografischem Rundumhorizont entsprachen ihre Interessen, die musikalischen zumal, aber auch die poetischen: Buechi schreibt eigene Texte, die zum Teil mehr sind als Lyrics, nämlich Lyrik.

All das fliesst auch in ihrem jüngsten Album, «Moon Trail», zusammen. Es hat, wie alle zuvor, nichts mit dem zu tun, was wir unter exotisch parfümierter World Music verstehen; vielmehr führt es sie auch zu einer neuen Sicht nächstliegender Folklore und zu auf der neuen CD höchst eigenwilligen Interpretationen von Abbé Bovets «Le vieux chalet>> oder dem Volkslied «Schönster Abendstern» (was an das berühmte Zitat von Jan Garbarek erinnert: «The most exotic music I found in my backyard»). Verbal erinnert es gewiss unbeabsichtigt auch an Goethes grosses Gedicht: <>>

Zwar ist Buechis «Mondspur» nicht nur sänftigend cool, ihre instrumentale Vokalkunst hat in Scat-Passagen, unisono und in polyfoner Verflechtung mit ihren grossartigen Partnern, dem Gitarristen Franz Hellmüller und dem Bassisten Rafael Jerjen, durchaus einen virtuosen Aspekt. Anderseits ist diese sensible Kunst der Intimität gleichzeitig so offen und so sparsam konzentriert, dass ihr ein «sänftigender>> Sog nicht abzusprechen ist. Neben vier Originals widmet sich das Trio auch der neuen Lesart von zwei Standards, Mancinis «Moon River» und Bernsteins <<<

R
Rigobert Dittmann
Bad Alchemy Magazin

Unwillkürlich ist SARAH BUECHI, die man zuletzt bei „The Paintress" in cimmerisch-keltisch-kaliesker Symphonik als Löwen- und Krokodil-Bändigerin hören konnte, der Augen- und Stimmenfang auch bei Moon Trail (Intakt CD 390). Wobei sie sich da mit dem Luzerner Gitarristen FRANZ HELLMÜLLER als arpeggierendem Skywalker und dem aus Basel stammenden RAFAEL JERJEN mit seinem bärigen Bass im Berner Zoo, äh, Studio als Sidewomen sieht. Denn beim Griff nach Golden Oldies werfen die beiden zu Buechis 'Mama Tree' (von „Vidya Mani") und ihrem görenhaft gekrähten und gescatteten 'Snowtrail' ebenfalls Eigenkreationen in die Wagschale - Jerjen 'Here goes Nothing', Hellmüller das wortlos kandidelte 'Ukunda'. Hellmüller hat mit den Siseras in Radar Suzuki gespielt, mit Bloom Effect auf Leo und mit Buechi schon mit André Pousaz als Bassmann. Jerjen ist ihm durch Kuratles Murmullo vertraut, ich bin ihm begegnet bei Christof Mahnig & Die Abmahnung. Buechi stimmt die Standards 'I Thought About You', 'Some Other Time' und 'Moon River' an und seufzt elegisch das von der Résistance populär gemachte, kernig gezupfte Schweizer Chanson 'Le Vieux Chalet'. Und schließt mit dem im Röseligarte gepflückten 'Schönschter Abigstärn', das sie auch schon, neben 'Snow Trail', im schwizerdütschen Zungenschlag als i-Tüpfelchen auf „Contradiction of Happiness' geschmachtet hat. Freilich nicht ohne die heimatlichen Gewächse mit Viriditas und Artistik ebenso zu vitalisieren wie die angegrauten Ami-Oldies. Mit launig gezupften Freiheiten, rhythmischer und vokaler Verschleppung, Verdichtung, kapriziöser Intonation, die im Blond-Erdig-Kontrast die Silben haucht und kaut, die zungen- und fingerspitz mit den Tönen jongliert, mit eisernen Krallen das Katzengold abkratzt. I peeped through the crack / Looked at the track klingt entsprechend noir, Where has the time all gone to? ausschweifend trist. Ob sich allerdings der alte Dream Maker, Heart Breaker und Huckleberry Friend noch in Buechis skurrilem Zerrspiegel wiedererkennt?

B
Birgit Karg
Kukuk Frankenthal

Zwischen Verfremdung und Improvisation

In der Reihe KuKuK (Kunst, Kultur, Kirche) gastierte das Schweizer Trio Sarah Buechi am Samstag im Ökumenischen Gemeindezentrum Pilgerpfad. Ihr Mix aus Jazzstandards, Eigenkompositionen und Volksliedern war abstrakt, avantgardistisch und streckenweise eine Herausforderung für die Ohren.

Jazzfreunde und Liebhaber experimenteller Genres kamen an diesem Abend voll auf ihre Kosten, denn der Sound des neugegründeten Trios changierte zwischen Verfremdung und Improvisation. Im Mittelpunkt des aufgrund der Corona-Restriktionen mehrfach verschobenen und nun nachgeholten Konzerts stand der Sarah Buechis Scat-Gesang. Dabei setzt die studierte Jazzsängerin ihre Stimme, abseits von Wortbedeutungen als Instrument ein und tritt in Interaktion mit ihren Musikern. Maulenden Laute, hingetupfte Vokale und explosive Konsonant-Kaskaden formen sich zu einem Groove, den die Saiten von Bassgitarre und Kontrabass verstärken, ergänzen, überlagern und irgendwann wird's ein Lied. Pardon: ein Stück.

Jazzstandards, die von Liebe in diversen Aggregatzuständen handeln, wie You Don't Know What Love Is" (Miles Davis/Don Raye) „I Thought About You" (Jimmy Van Heusen/Johnny Mercer) und „Here"s That Rainy Day" (Jimmy Van Heusen/Johnny Burke) und But Not For Me" (George /Eva Gershwin) und die Liebesballade Some Other Time" /Bernstein) werden so durch den Fleischwolf gedreht, um ihre emotionale Essenz freizulegen. Besinnung, Rückschau, Sehnsucht, Verzweiflung, kurz: sphärischer Weltschmerz in maximalen Dissonanzen. Wie faszinierend oder nervig das Ganze ist, entschieden schlussendlich die rund 50 Zuhörer. Nach der Pause waren es einige weniger. Ob die Lichtregie zum Konzerterlebnis beigetragen hat? Das
Publikum saß und Künstler spielten auf eigenen Wunsch unter 72 LED-Birnen im Schein greller Deckenbeleuchtung.

Die vokalakrobatischen Lautäußerungen von Stimmkünstlerin Sarah
Buechi waren durchweg filigran und fein moduliert. Bei ihren Ausflügen ins Gesangliche war die 41-jährige Schweizerin überwiegend in mittle-ren Lagen unterwegs. Besonders gefielen ihre Eigenkompositionen „Mama Tree", ein ausnahmsweise melodischer Heimweh-Song übers Bäume-Umarmen, der von einem längeren Aufenthalt in Indien inspiriert war, sowie „Snow Train", ein Lied über Vergänglichkeits-Gedanken beim Blick auf eine schmelzende Landschaft während einer langen Zugfahrt im Winter.

Die eigenwillige Ästhetik des Trios spiegelte sich auch in den Eigenkompositionen der beiden Musiker. Eine Loopstation in Kenia inspirierte Gitarrist Franz Hellmüller zu seinem Stück „Ukunda" und einem geschmeidigen Groove, der den Afrika-Spirit einfing. Eine Erstaufführung erlebte das extensive Stück „Here Goes Nothing" von Bassist Rafael Jerjen.

Wohltuend abgerundet wurde das Konzert mit bearbeiteten Volkslie-dern aus der Schweiz. Das Lied Le Vieux Chalet", entstanden 1911, erzählte vom Wiederaufbau einer alten Hütte und vom Loslassen und dem Wagnis eines Neubeginns. Das Trio verabschiedete sich mit Henry Mancinis Moon River", einem Lied über das Träumen, bekannt aus dem Film „Frühstück bei Tiffany" mit Audrey Hepburn. Auf das heimliche Glanzlicht des Abends mussten die Zuhörer lange warten, denn es kam ganz am Schluss. Das Lied vom „Schönschte Abendstern", ein Liebeslied voller Tristesse, glänzte als Kleinod in Moll, gesungen in Schwyzerdütsch. Derartiges hätte man gerne mehr gehört.