Ist es zu früh, um über die Alben des Jahres nachzudenken? The hell it is, wie Duke zu sagen pflegte (nein, nicht er, der andere). Oberflächlich betrachtet gibt es hier nichts, was nicht auch anderswo im wachsenden Lexikon des Jazz zu finden wäre, sei es eine Art Pullen-Graves-Donnerwetter oder jener wissende Anachronismus, an dem sich so viele europäische Musiker erfreuen: Auch die Instrumentierung selbst ist nicht neu. Duos sind heutzutage beliebt, aber Klavier und Schlagzeug haben eine gewisse genealogische Tiefe und Vielfalt (man höre sich nur Ralph Sutton und Cliff Leeman an und vergleiche sie mit Paul Bley und George Cross McDonald). Auf dieser Grundlage könnten Schweizer und Sommer - mit etwas Fantasie - dem „zeitgenössischen“ Ende des „Mainstream“ zugeordnet werden, als ob es eine solche Kategorie gäbe und als ob es darauf ankäme, wenn es so wäre.
Viel wichtiger ist, wie sie tun, was sie tun. Technisch gesehen ist es großartig, was an M. Solals Feststellung erinnert, dass je mehr Kapazität in dieser Hinsicht vorhanden ist, desto besser ist die Fähigkeit, Ideen auszudrücken.
Sie unterstreichen auch den Punkt, den Solal nicht angesprochen hat, nämlich dass man zunächst einmal Ideen braucht. Und eine ernsthafte Tiefe des gegenseitigen Verständnisses in einer Umgebung wie dieser mit einer so offenen Agenda. Einige Stücke sind kurz, wie der zweiminütige Opener „Dresdener Schlittenfahrt“, und verlängern sich ein wenig bis zum 19-minütigen „Schweizersommer“, aber letzterer ist flexibel episodisch, und obwohl er in gewisser Weise den anderen ähnelt, ist er sowohl qualitativ als auch quantitativ anders, weil es keinen Zweifel an der bewussten Absicht gibt, so lange zu spielen. Nichts auf diesem Album ist einfach so passiert, aber es ist auch nichts überstudiert.
Es ist also alles mehr als nur improvisiert in dem Sinne, dass man von A nach B (oder Z) kommt, und doch gelingt es, jeden überlegten Sinn von „Komposition“ zu vermeiden. Der Begriff der „Spielpläne“ von John Zorn könnte sinnvollerweise herangezogen werden. Insgesamt hat die Musik eine Transparenz, die es Schweizer und Sommer erlaubt, das Bewusste und das Instinktive nahtlos miteinander zu verschmelzen und dem Hörer dennoch die Präsenz beider bewusst zu machen. Großartige Sache!
Jack Cooke, The Wire Magazin, London