Theoria, ein Album von Barry Guy für das London Jazz Composers' Orchestra mit der Pianistin Irène Schweizer als Solistin, dokumentiert eine grossangelegte, 58-minütige Komposition von Guy. Das Werk ist ein Konzert für Irène Schweizer und wurde zu Ehren ihres 50. Geburtstags in der Roten Fabrik in Zürich uraufgeführt und später am Jazzfestival Willisau, in Paris und Rom gespielt. Wieviele von Guys Kompositionen versucht auch dieses Werk, Lösungen für die Koexistenz von Improvisation und Komposition zu finden. Die Partitur ist komplex und vielschichtig. Sie lässt gleichzeitig den Musiker*innen innerhalb einer festen Struktur viel Freiheit. Schweizer erinnert sich: „Ich musste manchmal lesen, aber eigentlich hatte ich viel Raum für Improvisation.“
In einer Rezension für AllMusic schrieb Thom Jurek: «Dies ist Guy’s Meisterwerk, da er hier die perfekte Balance gefunden hat, all seine Obsessionen in einem Werk zu vereinen: klassische Musik, insbesondere die Romantik, FreeJazz, Neue Musik, Big-Band Swing, Blues und Filmmusik ... Guys gesamte Klangwelt entfaltet sich in Farben, Tönen, Schattierungen und nuancierter Schönheit. Seine Wirkung lässt sich nicht in Worte fassen, aber seine Struktur ist so komplex, so voller Ideen und Kombinationen aus harmonischen und kontrapunktischen Verflechtungen.»
Die Autoren des „Penguin Guide to Jazz Recordings“ schrieben: «Guy versucht nicht, unterschiedliche Spielstile einfach nebeneinander zustellen, sondern sie kreativ zu überlagern und so Baugitter und Punkte maximaler Energie zu schaffen. In einem Orchester aus Solisten sticht Schweizer deutlich hervor, ohne jedoch zu dominieren; vielmehr werden ihre Improvisationen zu Bestandteilen der Darbietung der anderen Musiker.»
Milo Fine schrieb im Cadence Magazin, USA (April 1993): «Zwei Aspekte von Theoria sind besonders auffällig. Der wiederkehrende synkopierte Orchesterriff ist für Guy ungewöhnlich und macht den Reiz des Stücks aus. Von grösserem Interesse und Bedeutung sind die schnellen Wechsel zwischen Soli und kleinen Gruppen mitorchestraler Begleitung im letzten Teil des Stücks. Man hört nicht nur eine Abfolge einzelner Stimmen, sondern auch ein sich veränderndes Klanggewebe. Anders ausgedrückt: Diese divergierenden, prägnanten Aussagen verschmelzen zu einem eindrucksvollen, vielstimmigen Ganzen, das im Wesentlichen das London Jazz Composers Orchestra ausmacht.»