"Working on this music gave me strength, purpose and joy during a most difficult year", schreibt Chris Speed zu seiner neuen CD. Entstanden während der Lockdown-Wochen, hat Speed das ganze Album als Solist auf der Klarinette eingespielt. Das ist eine Überraschung, kennen wir doch Speed vor allem als wendigen Saxophonisten in Bands von Tim Berne (Bloodcount, Endangered Blood, Broken Shadows), Jim Black (Pachora), Dave Douglas, Uri Caine oder Mary Halvorson. Die zweite Überraschung ist das Repertoire, das neben ein paar eigenen Stücken aus solchen von Eric Dolphy, Ornette Coleman, Julius Hemphill, John Coltrane, Skulli Sverrisson oder Paul Motian besteht. Alles Musi-ker, die ihn inspiriert haben. Dabei fokussiert er sich auf die innewohnende Melodie und Atmosphäre der Tracks, die er nachzeichnet, verwischt, redu-ziert, erweitert, mit zusätzlichen Timbres versieht.
Alle 15 Tracks bilden eine schlüssige Linie, geprägt vom warmen und runden Klang der Klarinette und den stets strukturierten Annäherungen an die Essenzen der Tracks und wie Speed sie emotional er-fasst. Dem rasant gespielten Original "Miss Ann" von Eric Dolphy rückt er so behutsam wie umfassend zu Leib und legt gekonnt dessen melodisches Zweigwerk frei. Vielleicht ist das ein Album, wie es mit seiner Konzentration auf ein Instrument sowie dem intensiven Probeprozess mit seiner Auseinandersetzung und Vertiefung von anspruchsvollen zeitgenössischen Jazz-Stücken nur in den Lock-down-Monaten entstehen konnte. Das ist auch für uns Hörende nahrhafter, als sich mit den Zoom-und Stream-Projekten begnügen und oft das Bezwingende vermissen zu müssen.