Die Magie des Augenblicks
Der amerikanische Schlagzeuger und Bandleader Jim Black lebt momentan in Berlin und sorgt mit zwei neuen Gruppen für Furore.
Jim Black (Jahrgang 1967) war der Shooting Star im Jazz der 1990er Jahre. Damals ließ er im Trio mit Ellery Eskelin und Andrea Parkins aufhorchen, dazu als Sideman von Dave Douglas, Uri Caine oder Tim Berne. Pachora und Alas No Axis hießen seine eigenen Bandprojekte, mit denen er seinen Ruf zementierte, einer der besten Drummer und kreativsten Musiker der aktuellen Szene zu sein. Jetzt legt er mit zwei neuen Gruppen nach.
Christoph Wagner: Du lebst momentan in Berlin. Wieso?
Jim Black: Ich habe eine Gastprofessur am Berliner Jazz-Institut, wo ich für sechs Monate meinen Freund John Hollenbeck vertrete. Es war der ideale Anlass, einmal nach Berlin zu ziehen und in die dortige Szene einzutauchen nach 25 Jahren in New York.
Christoph Wagner: Hast du vor, länger zu bleiben?
Jim Black: Keine Ahnung. Ich denke, dass sich für mich durch den Ortswechsel nicht allzu viel ändern wird. Ich verlagere nur meine Basis, mein Musikerleben wird das gleiche bleiben. Ideal wäre wohl, mit einem Bein in New York und mit dem anderen in Berlin zu stehen. Ich plane nicht weit im Voraus, sondern lebe mein Leben von einem Monat zum nächsten, weshalb es mir schwerfällt, irgendwelche Prognosen zu machen.
Christoph Wagner: Welchen Eindruck hast du von der Berliner Jazzszene?
Jim Black: Ich habe eine Gastprofessur am Berliner Jazz-Institut, wo ich für sechs Monate meinen Freund John Hollenbeck vertrete. Es war der ideale Anlass, einmal nach Berlin zu ziehen und in die dortige Szene einzutauchen nach 25 Jahren in New York.
Christoph Wagner: Hast du vor, länger zu bleiben?
Jim Black: Ich habe das Gefühl, dass sich die Berliner und die New Yorker Szene nicht so stark voneinander unterscheiden. Es gibt fantastische Musiker in beiden Städten. Was die Auftrittssituation betrifft, gibt es ebenfalls Ähnlichkeiten: Gelegentlich lässt man bei Konzerten den Hut rumgehen. Ein Unterschied ist jedoch: Mit dieser Methode kann man in Berlin ganz gut Geld verdienen - in New York nicht. Darüber hinaus gibt es natürlich in beiden Städten etliche Clubs und Auftrittslokale, wo regulärer Eintritt bezahlt wird und die Musiker eine feste Gage bekommen. Was die Qualität der Musiker anbelangt, gibt es zwischen den USA und Europa keinen Unterschied mehr. Die besten spielen heute weltweit auf gleich hohem Niveau - eine einzige große Party. Christoph Wagner: Das spiegelt sich in deinen verschiedenen Gruppen wider. Du arbeitest häufig mit Europäern zusammen.
Jim Black: Schon immer. Frank Möbus, der Berliner Gitarrist, ging mit mir aufs College und brachte mich danach als Erster nach Europa. Das war 1989. Damals lebte ich mit Chris Speed für ein halbes Jahr in Deutschland. Wir hatten ein Trio mit Möbus und traten überall auf. Wir spielten unsere eigene Musik und wurden dafür auch noch bezahlt, was unglaublich war für drei Burschen, die frisch vom College kamen. Seither war ich wieder und wieder in Europa und habe hier vielleicht mehr Zeit verbracht als in den Staaten.
Alles ist möglich
Christoph Wagner: Gerade ist das Debütalbum deines neuen Trios erschienen.
Jim Black: Zehn Jahre lang komponierte ich die Musik für meine Gruppe Alas No Axis auf der Gitarre. Dann verliebte ich mich ins Klavier. Bei einem Workshop in Salzburg begegnete ich diesem absolut superben jungen Pianisten: Elias Stemeseder. Wir spielten
danach weiter zusammen. Ich besuchte ihn und seine Familie auf ihrem Bauernhof in der Nähe von Salzburg. Er ist der erste Musiker in einer Familie von Bauern, deren Geschich- te 400 Jahre zurückreicht. Stemeseder war der Grund, dieses Trio zu gründen. Ich bin doppelt so alt wie er, aber wir liegen absolut auf der gleichen Wellenlänge. Wir nahmen Thomas Morgan als Bassist dazu. Mit ihm hatte ich zuvor nur ein paar Mal in New York gespielt und suchte nach einer Gelegenheit, die Zusammenarbeit zu intensivieren. Christoph Wagner: Wie funktioniert die Zusammenarbeit über solch weite Distanzen? Jim Black: Ich schreibe die Musik im Wissen, dass zwei bis vier Bandproben genügen, um die Kompositionen auf das Niveau für eine Plattenaufnahme zu heben, derart versiert sind meine Bandkollegen. Wenn man dann auf Tourneen jeden Abend zusammenspielt, entsteht eine zusätzliche Intimität. Unser Repertoire ist völlig offen. Es können meine Kompositionen sein oder Standards, wir können frei improvisieren oder über ein Thema - alles ist möglich. Wir zerbrechen uns nicht die Köpfe darüber, sondern spielen einfach drauflos und sehen, was dabei herauskommt. Das ist das Tolle an dieser Band, dass sie musikalisch äußerst wendig, flink und flexibel ist.
Christoph Wagner: Was unterscheidet dein Pianotrio von den vielen anderen Gruppen in dieser Besetzung?
Jim Black: Es wäre mir im Traum nicht eingefallen, ein Jazzpianotrio zu gründen. Aber ich erinnerte mich an das Trio von Paul Motian mit Joe Lovano und Bill Frisell, was...