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INTAKT RECORDS: KOMPETENTES TEAM AM DRÜCKER | Jazz'n'More März/ April 2022

INTAKT RECORDS: KOMPETENTES TEAM AM DRÜCKER | Jazz'n'More März/ April 2022

Intakt Records, das international bekannteste Schweizer Label für zeit-genossischen Jazz, wird neu von einem Team mit Anja Illmaier, Florian Keller, Fiona Ryan und Stéphanie O. Jaquet geleitet. Der Gründer und langjährige Musik-Promotor und Vermittler Patrik Landolt wird weiterhin im Vereinsvorstand aktiv sein. Von Pirmin Bossart

 

"Irène Schweizer Live at Taktlos", hiess die erste Intakt-Platte. Die Duo-Aufnahme mit Irène Schweizer und George Lewis erschien 1984. Uber 35 Jahre später ist das Label "still going strong", zumal in einem Business, das schon mehrmals in den Untergang geredet wurde. 380 Produktionen sind bis heute auf Intakt Records erschienen. Die veröffentlichte Musik hat sich weder glattgeschliffen, noch wird auf Besitzstandswahrung des Bewährten gesetzt. Neue Musiker/-innen stossen dazu und prägen die Ästhetik mit. Regelmässig sind Entdeckungen zu machen. Praktisch jede CD ist nahrhaft, lädt zum wiederholten Hören und ist ein Kommentar zum Zeitgeist, wie er an den Rändern wirkt und künstlerische Haltungen formt, die wieder in die Gesellschaft diffundieren.

 

OFFEN FÜR NEUE TENDENZEN

Mit "Mut, Offenheit, Kreativität, Bescheidenheit und harter Arbeit" halte sich Intakt über Wasser, sagt Patrik Landolt. Schon länger hat er seinen Rückzug geplant und nun den Verlag/ das Label an ein kompetentes Team übergeben. In den letzten Jahren habe man antizyklisch gehandelt, sagt der abtretende Labelchef. "Während das Musikgeschäft stöhnt, ächzt und abbaut, baut Intakt Records aus und setzt viel Energie in die Produktion und ins Vertriebsnetz." Schon früh hatte Landolt das Label in die Form eines Vereins überführt und so Offenheit und Öffentlichkeit für die künstlerischen Werke signalisiert.

In den Anfängen rückte Intakt die Musik von Irène Schweizer, Günter Baby Sommer, Joëlle Léandre, Lindsay Cooper, Maggie Nicols, Barry Guy, Anthony Braxton oder Elliott Sharp ins Bewusstsein. Jahr um Jahr erweiterte sich der Katalog. Schweizer Musiker/ -innen wie Lucas Niggli, Koch-Schütz-Studer, Pierre Favre, Katharina Weber, Christoph Irni-ger, Ohad Talmor, Sarah Buechi, Dave Gis-ler, Omri Ziegele, Kappeler-Lumthor oder das Trio Heinz Herbert haben bei Intakt Records eine Produktionsstätte mit internationaler Aus-strahlung.

Auch bekannte Grössen aus der internationalen Szene wie Fred Frith, Oliver Lake, Alexander von Schlippenbach, Mark Feld-man, Aki Takase, Sylvie Courvoisier und neuerdings Ingrid Laubrock, Tim Berne, James Brandon Lewis, Aruán Ortiz, David Murray oder Alexander Hawkins finden bei Intakt eine Homebase.

 

VIELFALT UND DIVERSITÄT

Das neue Leitungsteam um Anja Ilmaier und Florian Keller, die schon länger massgeblich mitarbeiten, will sich primär "von der Qualität und Lebendigkeit der Musik leiten lassen". Bei jährlich 2'000 Anfragen für die Produktion einer CD ist Selektion gefragt. Vielfalt und Diversität sind wichtige Kriterien. Neben der "Vertonung der Aktualität" sollen bei der Auswahl und Vermittlung der Produktionen auch die politischen und gesellschaftlichen Fragestellungen mitgedacht werden. Das war bei Intakt von Anfang an inklusive.

Kommen neue Musiker/-innen dazu, fliessen auch politische, kulturelle Haltungen und Ideale in die Musik ein und prägen den "Groove" eines Labels mit. Wichtig geworden sind heute, wie es Landolt zusammenfasst: der internationale Austausch ("gegen eine nationale Selbstgenügsamkeit, raus aus der Bubble"), das Hybride ("wider das Eindeutige und Identitäre"), die Diversität ("Mühe mit Boybands und Monokulturen") sowie der Respekt vor der afrikanisch-amerika-nischen Musiktradition: emanzipatorische Ansprüche, Anti-Rassismus, Anti-Misogynie.

Neue Wege zur Vermittlung für zeitgenössische Musik jenseits des Mainstreams zu finden, erachtet Intakt als eine Hauptaufgabe. Egal, ob physischer Tonträger oder digital: Eine professionelle Musik-Produktionsstätte tür qualitativ hochstehende Produkte, aber auch Distribution und Promoti-on, werde immer vonnöten sein, sagt Illmaier.

 

CDS IM ABONNEMENT

Neben dem Verkauf von CDs – der "nicht schlecht läuft" - ist Fundraising gefragt, um die Ausgaben zu decken. Eine wichtige Stütze ist und bleibt das Abonnement, mit dem jährlich sechs bis acht Intakt-Veröffentlichungen zu einem günstigeren Preis nach Hause geschickt werden. "Die Abonnent/-innen sind das Rückgrat von Intakt Records und wir schätzen den engen Kontakt zu ihnen und das direkte Feedback", sagt Keller.

Im Abo erhält man neben den CDs von Intakt Records auch die CDs des New Yorker Partnerlabels Pi Recordings zum Vor-zugspreis. Kooperationen sind dem Team wichtig. "Es liegt nicht in der Philosophie von Intakt, alles selber zu machen, der Austausch und das Teilen ist auf diversen Ebenen zen-tral." Auch vor Ort in Zürich ist Intakt ein Partner für die Szene und leistet einen wichtigen Beitrag tür die beiden Festivals Taktlos und unerhört!, mit denen Intakt die Infrastruktur teilt.

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