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Unabhängige Musik seit 1986.
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62nd Jazz Festival Peitz – Three Days of Jazz in Lausitz, Germany

Jazzfestival Peitz Nr. 62 – Drei Tage Festival in der Lausitz

Das 62. Jazzfestival Peitz, ein Openair im Osten Deutschlands nahe der polnischen Grenze mit langer Tradition und grosser Bedeutung für die Jazzinnovation der einstigen DDR, ging vom 15. bis 17. August zum zweiten Mal unter der neuen Kuratorin Marie Blobel über die Bühne. Der Generationenwechsel in der Festivalleitung ist geglückt.

Das Festival fand im Innenhof des Industriedenkmals Hüttenwerk statt, mit vier verschiedenen Spielstätten, wobei die Open-Air-Bühne das Zentrum bildete. Neben dem einheimischen Label Jazzwerkstatt von Festivalgründer Uli Blobel präsentierte auch Intakt Records auf dem CD-Tisch Neuheiten. Die Präsenz an Festivals bietet die Möglichkeit zu Gesprächen mit Kund:innen, Abonnent:innen, Musikinteressierten und Musiker:innen.

Mehr als zwanzig Konzerte waren am diesjährigen Festival in Peitz zu hören. In bester Erinnerung bleiben der fulminante Auftritt des Improvisationstrios Weird of Mouth mit Craig Taborn, Mette Rasmussen und Ches Smith sowie das Klangereignis des neunköpfigen Posaunisten-Orchesters Bonecrusher von Mathias Muche.

Der Posaunenchor mit Perkussion entwickelte in der gut klingenden Stüler Kirche in Peitz elaborierte Sounds, die rein akustisch teilweise das Spektrum neuer elektroakustischer Innovationen erreichten. Spannend war ihre Aufführung der Komposition des verstorbenen Posaunisten Hannes Bauer, die er ursprünglich mit mehrspurigen Tonbandaufnahmen entwickelt hatte.

Die drei Jazzmeister Hamid Drake, Joshua Abrams und Andreas Roysum verbanden auf der Open-Air-Bühne in langen Erzählbögen tranceartiges Spiel, Improvisationen und swingende Perkussion. Vor allem der charismatische Gesang von Hamid Drake eroberte die Herzen des Publikums.

Den Festivalhöhepunkt verbuchte das Duo Uli Gumpert – Günter Baby Sommer, quasi ein Heimspiel. Ihr Parcours durch Musik der langjährigen Zusammenarbeit war auch eine Geschichtslektion mit Anekdoten aus dem Leben in der DDR.

Anlass zu Erzählungen bot die Aufführung des antimilitaristischen Stücks «Soldat, Soldat» von Wolf Biermann. Sommer berichtete, dass das Jazzfestival Jena 1976 nach Biermanns Ausbürgerung das Konzert der beiden Biermann-Freunde absagte und die Musiker kurzerhand krank meldete. Zum Erstaunen des Publikums tauchten Gumpert und Sommer dennoch munter am Festival auf, wurden dann jedoch von den DDR-Behörden unter Hotelarrest gestellt. Das nie stattgefundene Konzert bekam in der Jenaer Zeitung Volk am nächsten Tag eine hymnische Rezension mit dem Titel: «Umjubeltes Konzert von Ulrich Gumpert und Günter Sommer».

Stürmischen Applaus erhielten die beiden Musiker in Peitz 2025 für ihr Konzert – für die Gumpert-Sommer-Standards, die schon zu Lebzeiten zu Klassikern geworden sind. Und als Zugabe spielte das Duo den tieftraurigen «The Black and Crazy Blues» des amerikanischen Saxofonisten Roland Kirk – eine Liebeserklärung an den Jazz, mit einer Spur Melancholie über vergangene Zeiten.

(Musik des Gumpert-Sommer Duos: «Das donnernde Leben» – Intakt CD 169 und «La Paloma» – Intakt CD 198).

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