
Unterwegs im Freien: 5-8
Entstanden aus dem Umfeld des Taktlos-Festivals arbeitet Intakt Records die ersten Jahre eng mit dem Veranstalterteam Fabrikjazz zusammen, das als Arbeits- gruppe der Interessengemeinschaft Rote Fabrik das Taktlos-Festival sowie die Jazz-Konzertreihe in der Roten Fabrik in Zürich veranstaltet. In den ersten Jahren von Fabrikjazz waren Irène Schweizer, Patrik Landolt, Fredi Bosshard, Giovanni Borrelli, Fernanda Pedrina, Sergio Agustoni, Edith Kuster und Rosmarie A. Meier die Aktivist:innen des Veranstalterteams. Mehrere der ersten Intakt-Veröffentlichungen sind im Umfeld des Taktlos-Festivals sowie der Konzerte von Fabrikjazz entstanden. 1990 erhält Intakt Records eine juristische Form als «Verein mit nicht- kommerziellem Zweck» und macht sich von Fabrikjazz unabhängig. Gemäss Statuten «bezweckt der Verein die Dokumentation von improvisierter und komponierter Musik im Bereich des aktuellen Jazz und jazzverwandter Spielarten» – mit Augenmerk auch auf die europäische und Schweizer Jazzszene. Der Verein – und nicht die Betreiber:innen des Labels – verfügt über die von den Künstler:innen an Intakt Records übertragenen musikalischen Rechte, die von der Schweizerischen Urheberrechtsgesellschaft SUISA verwaltet werden. Im ersten Vereinsvorstand sind die Musikerin Irène Schweizer, der Musiker Lucas Niggli, die Soziologin Rosmarie A. Meier sowie der Journalist Patrik Landolt. Das Label wird in den ers- ten Jahren ehrenamtlich von Patrik Landolt betrieben.
Zehn Jahre dauert es, bis die fünf Piano-Drums-Duo-CDs von Irène Schweizer mit den Schlagzeugern Louis Moholo, Günter Sommer, Andrew Cyrille, Pierre Favre und Han Bennink aufgenommen sind. «Fünf Alben. Fünf Duos. Fünf Strecken Weges», schreibt der Musikkritiker Bert Noglik. «Irène Schweizer mit fünf verschiedenen Schlagzeugern, die ihr jeder auf seine Weise Besonderes bedeuten – das ist ein kleiner Kosmos improvisatorischer Interaktionen, eine kleine Enzyklopädie perkussiv-pianistischer Ergänzungen, Entgegensetzungen und Verschränkungen. Über knapp zehn Jahre spannt sich der Zeitraum, innerhalb dessen diese Dialoge dokumentiert wurden. Anders als Cecil Taylor, der sich im Duo mit herausragenden europäischen Schlagzeugern im Sinne von musikalischen Momentaufnahmen ablichten liess, steht hinter jedem dieser von Irène Schweizer eingespielten Duo- Alben eine Geschichte.» Es folgen weitere Piano-Duo-Aufnahmen mit Han Bennink, Pierre Favre, Joey Baron sowie Hamid Drake.
Irène Schweizer, politisiert von der Geschichte ihrer befreundeten Musiker aus Südafrika, verkörpert in Zürich den antikolonialistischen Protest für ein befreites Südafrika und gegen die Geldgeschäfte der Schweizer Grossbanken, die den internationalen Südafrika-Boykott unterlaufen. Ihr Konzert mit Louis Moholo am Jazzfestival Zürich wird zur Anti-Apartheid-Demonstration. Schweizer – Moholo: Free Mandela (Intakt CD 006). Irène Schweizer spielt regelmässig an Demonstrationen der Anti-Apartheid-Bewegung, wie 1989 vor dem Hauptsitz der Schweizerischen Bankgesellschaft (heute UBS).
Im Auftrag der Schweizerischen Verkehrszentrale presst Intakt Records in einer Grossauflage für eine Beilage der Zeitschrift Schweiz=Suisse=Svizzera= Svizra=Switzerland eine vierminütige Single-Platte mit dem Stück Verspielte Zeiten aus dem Duo-Album von Irène Schweizer und Günter Sommer (Intakt CD 007). Die Mai-Ausgabe 1989 der Hochglanzzeitschrift, die in Hotels, den Schweizer Bahnen und an Sommerfestivals für eine attraktive Schweiz wirbt, fokussiert sich in dieser Nummer auf die Schweizer Jazzszene. Mehrere umfangreiche Beiträge über den Jazz in der Schweiz wollen aufzeigen, dass es in diesem Land mehr als Alphörner, Jodlerinnen und Opern gibt.